Die Organisation des Staates. 55
mission wird innerhalb acht Tagen, nachdem er eingereicht
oder nachdem der etwaige Vermittlungsvorschlag verworfen
worden ist, in der Versammlung des Senates, in Gegenwart
des Bürgerausschusses, von dem den Vorsitz führenden Bürger-
meister eröffnet und verlesen; er gilt sodann als Rat- und
Bürgerschluß *).
Fünftes Kapitel. Die Behörden.
8 18.
1. Die aus Senatoren und Bürgern bestehenden
Behörden.
Weder durch die Verfassung noch durch ein anderes Ge-
setz ist die Organisation der Behörden im lübeckischen Staate
allgemein geregelt. Ihre Existenz wird vorausgesetzt und er-
scheint bei dem Gange, den die Entwicklung der Verwaltung
genommen hat, heute selbstverständlich. Es muß indes daran
erinnert werden, daß ursprünglich nicht nur die Leitung der
äußeren Angelegenheiten, sondern auch die gesamte innere
Verwaltung ausschließlich Sache des Rates war. Eine schärfere
Gliederung in einzelne Behörden ergab sich von selbst mit
der zunehmenden Beteiligung der Bürger an der Verwaltung
(vgl. oben S. 1ff.): sie konnte nur in einer Mitwirkung der
Bürger in besonderen Organen, in Behörden, zum Ausdruck
kommen. Diese Beteiligung „bürgerlicher Deputierter“ an
der Verwaltung wurde unter der Geltung des Rezesses von
1669 mehr und mehr üblich, so daß sie, als die alte Verfassung
von denen des Jahres 1848 abgelöst wurde, als ein anerkannter
Grundsatz angesehen werden durfte. Dem Rate allein ver-
blieben nur die Rechtspflege und die Polizei, und das hat
sich, abgesehen davon, daß die ordentliche Rechtsprechung
*, Dies Verfahren hat bisher nur einmal stattgefunden,
und zwar aus Anlaß der Meinungsverschiedenheit zwischen
dem Senate und der Bürgerschaft über die Frage der Deckung
des Kehlbetrages im Budgetentwurfe für das Rechnungsjahr
1895/96. Die Kommission entschied damals im Sinne des
Senates. Vgl. Protokoll der Bürgerschaft vom 13. Mai 1896,
V.d.S. mit d. B. 1895, und Bruns, Verfassungsgeschichte
des Lübeckischen Freistaaates 1848—1898, S. 94.