Zweite
Mittelmeer-
reise des
Kaisers
VIL KAPITEL
Die Mittelmeerreise Wilhelms II. im März 1904 » Entwicklung der Marokko-Frage » Ihr
Stand beim Antritt der Mittelmcerreise des Kaisers »- Programm der deutschen Regie-
rung + Der bestehende Rechtszustand » Unsere Taktik « Anlaufen des Kaisers in Tanger
Landung des Kaisers in Tanger - Legationssekretär Kühlmann » Mission des Grufen
Tattenbach nuch Fez » Graf Monts bemüht sich, unter dem Einfluß seines Kollegen
Barröre, eine Rettungsaktion für Delcass& zu inszenieren » Englische Bemühungen für
Delcass6 » Sturz Delcasa&s
chon bei der Rückkehr von seiner Palästina-Reise, 1898, hatte der
Kaiser den Wunsch gehegt, den Weg über Gibraltar zu nehmen. Bei
diesem Anlaß wollte er auch Tanger berühren. „Nachdem ich nun in Asien
war, möchte ich gern einmal meinen Fuß auch auf afrikanischen Boden
setzen, zumal ich auf Ägypten verzichten mußte“, meinte der Kaiser da-
mals zu mir. Dieser Wunsch ging lediglich aus Reiselust hervor, ohne jede
politische Nebenabsicht. Wie ich seinerzeit erzählte, gelang es 1898 der
Kaiserin und mir, den Kaiser zu bewegen, von Malta auf dem kürzesten
Wege durch das Adriatische Meer nach Deutschland zurückzukehren. Die
Kaiserin drängte, als gute Mutter, die sie war, zu ihren Kindern; ich hielt
es für nötig, nach längerer Abwesenheit in Berlin im Auswärtigen Amt die
Zügel wieder selbst in die Hand zu nehmen. Bei seiner ersten Mittelmeer-
reise, die Wilhelm II. am 12. März 1904 an Bord des Lloyddampfers
„König Albert“ in Bremerhaven angetreten hatte, wollte er ursprünglich
auch Tanger besuchen, wiederum nur als Tourist, der nach neuen und
interessanten Eindrücken begierig ist. Ich sprach mich damals gegen einen
Aufenthalt in Tanger aus, da es mir im Frühjahr 1904 nicht angezeigt
erschien, in irgendeiner Weise die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt zu
lenken, und der Kaiser verzichtete sogleich und willig auf das Anlaufen
dieser afrikanischen Küstenstadt. Als er sich am 28. März 1905 in Cux-
haven an Bord des Hapag-Dampfers „Hamburg“ für die zweite Mittel-
meerreise einschiffte, auf der er, wie bei seiner ersten Mittelmeerfahrt, nicht
nur von einem stattlichen militärischen Gefolge, sondern auch von einer
großen Anzahl persönlicher Freunde und Bekannter in allen Lebensstel-
lungen begleitet war, tauchte in der ausländischen Presse das Gerücht auf,
er werde Tanger anlaufen. Eine solche Absicht lag damals bei Seiner