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liche Indiskretion“ und ein „unglückseliges Beginnen“ bezeichnete. Er
habe seinen Neffen veranlaßt, um Versetzung in den einstweiligen Ruhestand
zu bitten, und in diesem Sinne sofort schriftlich und direkt an Seine
Majestät berichtet.
Der Langenburger Zweig des Hauses Hohenlohe illustriert den inter-
nationalen Zug, der dem deutschen Hochadel seit jeher nur zu sehr eigen
war. Ein Bruder des Familienchefs ging nach England und heiratete durt
eine Engländerin aus kleiner Familie, eine Miß Seymour. Sein Sohn, der den
Titel Count of Gleichen erbielt, war, wie ich anläßlich des Kieler Besuchs
des Königs Eduard VII. erwähnte, Stockengländer, sehr chauvinistisch,
sehr antideutsch. Ein anderer Bruder des Fürsten Hermann heiratete ein
schwäbisches Mägdelein, Marie Gratwohl, deren Wiege, wie es in dem
hübschen Sozialistenlied heißt, in ärmlichem Haus gestanden hatte. Der
Sohn aus dieser Ehe wurde vom König von Württemberg zum Freiherrn
von Bronn erhoben, ging nach Österreich, wurde dort Adjutant des Erz-
herzogs Franz Ferdinand, heiratete eine Gräfin Czernin, wurde katholisch
und schließlich Fürst von Weikersheim. Er gab sich als Stockösterreicher
mit outriert schwarzgelben Anschauungen und war ebenso antideutsch wie
sein englischer Vetter. Für die Nation hat auf allen Gebieten der sogenannte
kleine Adel und insbesondere der Junker weit mehr geleistet als die in der
zweiten und dritten Abteilung des Gothaer Almanachs verzeichneten
standesherrlichen und fürstlichen Häuser.
Zu den originellsten Figuren des alten Regimes gehörte der Landwirt-
schaftsminister Podbielski, allgemein Pod genannt. Über diesen seinen
Spitznamen scherzte niemand lieber als er selbst. Er frug gelegentlich eine
etwas prüde Ministerfrau, neben der er bei Tisch saß, ob sie wisse, warum
Seine Majestät nie einem Panzerschiff seinen Namen geben würde. Als die
würdige Frau Ministerin erwiderte, sie sei schr gespannt auf die Lösung
dieses Rätsels, meinte Podbielski: „Ein Panzerschiff Seiner Majestät kann
doch unmöglich Pod heißen.“ Podbielski war nicht nur, wie ich ihn vor
meiner Ernennung zum Reichskanzler gegenüber Seiner Majestät charakte-
risiert hatte, findig und forsch, sondern er besaß auch, wie ich anläßlich
seiner Ernennung zum Landwirtschaftsminister hervorhob, ein in Rathenow
an der Havel wie in Hannover und Berlin bewährtes ausgesprochenes
Organisationstalent. So hatte er auch vor seiner Ernennung zum Minister
geholfen, die Firma Tippelskirch zu organisieren, die bald die Haupt-
lieferantin für die Schutztruppe wurde. Als Minister wurde er nun beschul-
digt, daß er diese Firma bevorzugt habe, auch bei seiner Ernennung zum
Minister seine Anteilscheine auf seine Frau übertragen hätte. Eulenburg
schrieb mir aus Rominten, der Kaiser sei „sehr erschrocken“, da er die
Tragweite der Handlungsweise Podbielskis nicht übersehen könne. Er
Rücktritt
Podbielskis