Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Zweiter Band. Von der Marokko-Krise bis zum Abschied. (2)

XXVI KAPITEL 
Bülows Besuche in Rom und Wien +» Audienz bei Pius X. » Der Erzberzog-Thronfolger 
Kaiser Frunz Josef « Die bosnische Frage im Reichstag (23. Ill. 1909) - Deutschlunds 
„Nibelungentreue‘ « Deutsch-französisches Abkommen über Marokko, Cusablunca 
Der Deutsche Kronprinz kritisiert dieses Abkommen - Charakteristik des Kronprinzen 
Frage der Abdankung Wilbelms II. . Brief des Kronprinzen über Herrn von Kiderlen- 
Wächter, Büluws Antwort an ihn » Die Haltung Englands während der bosnischen Krise 
Neuerliche Briefe des Grufen Metternich zur Fluttenfruge +» Besuch des englischen 
Königspaares in Berlin « Tod des Geheimrats von Renvers 
ie der österreichische Minister des Äußern, so war auch der Thron- 
folger, Erzherzog Franz Ferdinand, einverstanden mit meiner Haltung 
und Politik in der bosnischen Frage und insbesondere damit, daß ich den 
europäischen Frieden nicht gefährden ließ. Ich hatte im Frühjahr 1908 die 
parlamentarischen Osterferien benutzt, um in Rom wie in Wien kurze Be- 
suche abzustatten. In Rom hatte ich mit König Victor Emanuel wie mit 
dem Ministerpräsidenten Giolitti und dem Minister des Äußern, Tittoni, 
denen ich die mir von ihnen in Homburg und Baden-Baden abgestatteten 
Besuche erwiderte, eingehende Unterredungen, die, wie die ofliziöse 
„Agenzia Stefani“ mit Recht hervorhob, die Übereinstimmung unserer 
Gesichtspunkte und Anschauungen ergab. Eine Audienz bei Pius X., der 
mich und meine Frau mit der rührenden Güte empfing, die diesem ver- 
ehrungswürdigen Greis eigen war, der auch einem Nicht-Katholiken als ein 
wahrer Nachfolger der Apostel erscheinen mußte, bot dem Papst Gelegen- 
heit, mich seines fortdauernden vollen Vertrauens und Wohlwollens zu 
versichern, das durch die mir vom Zentrum gemachte Opposition nicht 
beeinträchtigt würde. Die deutschen Katholiken gehörten, so meinte der 
Papst, zu den treusten und besten Söhnen der Kirche, aber ihre parla- 
mentarische Vertretung sei oflenbar gelegentlich etwas verbohrt (osti- 
nato). Natürlich hatte ich meine Differenz mit der Zentrumspartei nicht von 
mir aus zur Sprache gebracht. Pius X. ließ aus eigener Initiative, mit 
feinem Lächeln, diese Bemerkung fallen. 
In Wien warich von Kaiser Franz Josef mit gewohnter Huld empfangen 
Audienzen 
in Rom 
worden. Mit dem Erzherzog Franz Ferdinand, der mir immer wohlgesinnt Audiens 
gewesen war, hatte ich im März 1908 ein langes Gespräch geführt. Der in Wien
	        
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