Unterredung
Eduards VII.
mit Bülow
26 UNTER VIER AUGEN
anerkannt worden wäre, und beglückt in der Gewißheit, daß der Deutsche
Kaiser das gleiche Ziel im Auge habe. „Möchten unsere beiden Flaggen bis
in die fernsten Zeiten, ebenso wie heute, nebeneinander wehen zur Aufrecht-
erhaltung des Friedens und der Wohlfahrt, nicht allein unserer Länder,
sondern auch aller anderen Nationen.“ Mit einem Hinweis auf die unvergeß-
liche Königin Victoria, deren Andenken dem Sohn und dem Enkel gleich
heilig sei, erhob der König sein Glas auf das Wohl der deutschen Majestäten.
Nach einem Frühstück, das am nächsten Tage an Bord der Segeljacht
„Meteor“ stattfand, zog mich der König in ein fast einstündiges Gespräch
unter vier Augen. Es ist falsch, wenn später hier und da verbreitet worden
ist, ich hätte bei diesem Anlaß dem König eine Allianz zwischen Deutsch-
land und England vorgeschlagen. Niemand kann mir ernstlich die Takt-
losigkeit zutrauen, die dazu gehört hätte, dem König von England nach
einem Luncheon, ex abrupto eine solche Proposition zu machen, nachdem
die Allianzverhandlungen zwischen uns und England einige Jahre früher
an dem Widerstand des damaligen englischen Premierministers und an dem
Unverstand der deutschen öffentlichen Meinung gescheitert waren. Der
König kam bei jenem Gespräch auf dem „‚Metcor“ zunächst auf Ostasien
zu reden. „Die Russen‘, sagte er mir, „haben sich ihr Mißgeschick selbst
zuzuschreiben. Ihre Diplomatie war ebenso ungeschickt, wie es jetzt ihre
Kriegführung zu Wasser und zu Lande ist. Die Japaner machen sich in
jeder Richtung ausgezeichnet. Sie sind auch moralisch im Recht, Rußland
hatte weder Befugnis noch Anlaß, nach Port Arthur zu gehen. Es hat in
Korea gar nichts zu suchen und hat die Mandschurei den Chinesen in bru-
taler Weise entrissen.‘‘ Der König erzählte mir hierbei, daß Rußland, wenn
es auf ihn gehört hätte, um den Krieg herumgekommen wäre. „Ich habe“,
führte er aus, „Ende November dem damals in Spala weilenden Kaiser
Nikolaus die maßvollen Bedingungen übermittelt, unter denen Japan zu
einer Verständigung mit Rußland bereit gewesen wäre. Kaiser Nikolaus
hat die Antwort auf diese Vorschläge zu lange hinausgeschoben, woran
allerdings auch der Tod der kleinen Prinzeß Elisabeth von Hessen mit
schuld war, der ihn sehr impressionierte. Die Japaner haben immer wieder-
holt, daß, wenn Rußland nicht bald eine Antwort gebe, sie ihre kriegslustige
öffentliche Meinung nicht länger zügeln könnten. Als sich der Zar endlich
entschloß, die japanischen Vorschläge anzunehmen, war es zu spät. Die
leitenden japanischen Männer hatten sich inzwischen für den Krieg ent-
schlossen.“ König Eduard machte kein Hehl daraus, daß er ein baldiges
Ende des ostasiatischen Krieges wünsche und zu diesem Zweck bald seine
Vermittlung eintreten lassen möchte. Die Japaner würden kulant sein.
Als ich einwarf, daß Rußland nach solchen Niederlagen ohne schwere
Erschütterung seines Prestiges kaum Frieden schließen könne, bemerkte