Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Zweiter Band. Von der Marokko-Krise bis zum Abschied. (2)

XXXIV. KAPITEL 
Amtliche Verlautbarungen zum Kanzlerwechsel . Die Presse - Dritte Lesung der Finanz- 
reform - Haltung der Konservativen » Erneutes Abschiedsgesuch » Bülows Interview 
mit Herrn von Eckardt » Bei Philippi sehen wir uns wieder » Veröffentlichung der Ent- 
lassung Bülows im Reichsanzeiger (14. VII.1909) - Kaiserliches Handschreiben » Ab- 
schiedsaudienz bei Wilhelm II. » Die Majestäten zum letztenmal beim Reichskanzler 
zum Diner » Unterredung des Kaisers mit der Fürstin Bülow - Abschied von der 
Kaiserin « Abreise von Berlin (17. VII. 1909) 
ach meiner Abreise aus Kielließ Valentini durch das Wolfische Büro eine 
Kundgebung verbreiten, in der es hieß, der Reichskanzler habe Seine 
Majestät um seine sofortige Entlassung gebeten. Der Kaiser hätte es jedoch 
abgelebnt, im gegenwärtigen Augenblick dem Ansuchen des Fürsten Bülow 
zu entsprechen. Er könne der Erfüllung des Wunsches des Fürsten nicht 
eher nähertreten, als bis die Arbeiten für die Reichsfinanzreform ein 
positives und für die verbündeten Regierungen annehmbares Ergebnis 
haben würden. Ich ließ sogleich an der Spitze der „Norddeutschen All- 
gemeinen Zeitung“ unter der Überschrift „Zur weiteren Klarstellung“ er- 
klären: Allerdings habe der Kaiser den Fürsten Bülow gebeten, sein Amt 
noch so lange zu führen, bis die Reichsfinanzreform zustande gebracht 
sei. Der Reichskanzler habe sich dem Ersuchen des Kaisers nicht ent- 
ziehen wollen. „Jedoch ist Fürst Bülow mit Rücksicht auf die politische 
Entwicklung, die durch die Abstimmung über die Erbschaftssteuer ihren 
Ausdruck gefunden hat, unwiderruflich entschlossen, alsbald nach Er- 
ledigung der Finanzreform aus dem Amte zu scheiden.“ 
Der erste Besuch, den ich in Berlin erhielt, war der von Bethmann 
Hollweg. Er war sehr kleinlaut. Er frug mich immer wieder, ob ich meinen 
Rücktritt nicht bis zum Herbst hinausschieben könne. Wenigstens möge 
ich vor dem Lande die Verantwortung für die Reichsfinanzreform in der 
ihr von den Konservativen und dem Zentrum gegebenen Fassung über- 
nehmen. Obwohl ich ihm dies mündlich abschlug, kam er schriftlich in 
einem larmoyanten und ziemlich konfusen Brief noch einmal darauf 
zurück und übersandte mir schließlich alle betreffenden Schriftstücke 
in einem Umschlag, auf dem mit Bleistift geschrieben stand: „Mit der 
gehorsamsten und dringenden Bitte, die Unterschriften zu vollziehen 
Vertagung 
von Bülows 
Demission
	        
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