Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

194 Das heilige römische Reich deuischer Ration. 
Behauptung, daß der Papst ein Feind der Fürsten sei, aber die Ant- 
worten des Papstes schnitten viel tiefer ein. Friedrich sei dem Glauben 
entfremdet, war die allgemeine und wohlbegründete Ueberzeugung; man 
erzählte sich Aeußerungen von ihm, die einen unchristlichen Sinn ver- 
riethen, und sein mohammedanisches Hofleben, seine offene Freundschaft 
mit den Saracenen schienen mehr als binreichend die Anschuldigungen. 
des Papstes zu rechtfertigen; auch bekannte der Kaiser laut, wenn alle 
Fürsten dächten wie er, so würde er sie von der Plage des Papstlthums 
bald befreit hbaben. So mußte der Kampf ein unversöhnlicher werden, 
und weil die Christenheit für den Papst war, mußten die Hohenstaufen 
untergehen. 
Friedrich appellierte von dem Papste an ein Koncil; aber als der 
Papst ein solches nach Rom ausschrieb, kündete der Kaiser den nach Rom 
reisenden Prälaten die Sicherheit auf. Eine große Anzahl schiffte sich 
auf genuesischen Schiffen ein (denn Genua war gegen den Kaiser, Ge- 
nuas Nebenbuhlerin Pisa für ihn), diese aber wurden von der kaiser- 
lichen Flotte genommen und die gefangenen Prälaten in die Gefängnisse 
Unteritaliens abgeführt. Verwüstend drang Friedrich in den Kirchen- 
staat ein und belagerte den Papst in Rom; letzterer starb den 21. August 
1241 ungebeugten Sinnes, ein hochbetagter Greis. 
Friedrichs II. letzte Schicksale. 
Der Bannfluch des Koneils zu Lyon (1245). 
Nach Gregor IX. wurde Cölestin IV. gewählt, der nach wenigen 
Tagen starb, und dann nach langer Zögerung (Juni 1243) Innocenz IV., 
ein Genuese aus der Familie der Fieschi. Er entfloh aus Italien nach 
Frankreich und berief nach Lvon eine große Kirchenversammlung, welche 
zwischen ihm und dem Kaiser richten sollte. Friedrich ließ sich durch 
seinen Freund, Thaddäus von Suessa, einen berühmten Rechtsgelehrten 
und Staatsmann, vertheidigen; aber das Koncil entschicd: als König 
von Neapel habe Friedrich seinen Lehenseid gegen den päpstlichen Stuhl 
gebrochen, er sei ein Meineidiger und Kirchenräuber, des Verdachtes der 
Ketzerei überwiesen, und darum habe er alle seine Kronen verwirkt; weil 
überdies sein Stamm schen im dritten Geschlechte die Kirche verfolge 
und Friedrich seine Söhne in gleicher Gesinnung erziehe, so seien auch 
sie und ihre ganze Nachkommenschaft von der Herrschaft ausgeschlossen 
(14. Juli 1245). 
Als der Kaiser dieses Urtheil vernahm, wurde er trotziger als je, 
führte den Krieg ingrimmiger als vorher, verwüstete Kirchen und Klö- 
ster, und wehe dem, der im Bereiche seiner Macht der Anhänglichkeit an 
den Papst schuldig oder verdächtig war. Seine Anhänger in Jtalien
	        
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