Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

48 II. Abschnitt. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. 8 7. 
ist die Landespolizeibehörde jedoch nur in Ansehung solcher Sträflinge befugt, 
welche zu Zuchthaus oder wegen eines Verbrechens, wodurch der Täter sich 
als einen für die öffentliche Sicherheit oder Moralität gefährlichen Menschen 
dbarstellt, zu irgendeiner anderen Strafe verurteilt worden oder in einer 
Korrektionsanstalt eingesperrt gewesen sind. 
Ülber die Gründe einer solchen Maßregel ist die Landespolizeibehörde 
nur dem vorgesetzten Ministerium, nicht aber der Partei Rechenschaft zu 
geben schuldig.“ 
Was die Bestimmung unter Nr. 1 dieses Paragraphen betrifft, so ist die- 
selbe durch die an deren Stelle getretene Nr. 1 § 39 StGB. aufgehoben. 
Dagegen ist es streitig gewesen, ob die Bestimmung in Nr. 2 des § 2 b. G. 
vom 31. Dez. 1842 noch gegenwärtig Geltung hat. Nach Ansicht der preuß. Ver- 
waltungsbehörden war die fortwährende Gültigkeit dieser Bestimmung zweifellos, 
während dies seitens der Doktrin bestritten wurde. 
Erst mittels Erkenntnisses des Oberverwaltungsgerichtes vom 25. Jan. 
1888 ist endgültig entschieden worden, daß die Nr. 2 des mehrgedachten Para- 
graphen fortwährend in Geltung ist, daß aber der Schlußsatz, wonach die Landes- 
polizeibehörde nur dem vorgesetzten Ministerium, nicht aber der Partei über 
die Gründe ihrer Maßnahmen Rechenschaft schuldig sein soll, insofern außer 
Kraft gesetzt worden ist, als der § 66 des Organisationsgesetzes vom 26. Juli 
1880 (et#t 8§ 180, 127 d. G. Ub. d. allgem. Landesverwaltung vom 30. Juli 1883, 
GS. S. 195) auch die landespolizeilichen Verfügungen der Regierungspräsi- 
denten bzw. des Polizeipräsidenten zu Berlin der Rechtskontrolle im Ver- 
waltungsstreitverfahren unterwirft (§§ 16, 17 u. 35 ebendaselbst); s. Anhang, Anl. 
Nr. 8. Vgl. Entsch. d. OVG. Bd. 9 S. 415; Bd. 10 S. 336. 
Hinsichtlich des bei Anwendung des § 2 Ziff. 2 d. G. vom 31. Dez. 1842 
zu beobachtenden Verfahrens sind seitens des Min. d. J. verschiedene Erlasse 
ergangen: so unter dem 25. Febr. 1860 (Ml. S. 70) die Verfügung, daß die 
vorerwähnte gesetzliche Bestimmung die Landesbehörde nicht verpflichtet, 
sondern nur dem Ermessen derselben anheimstellt, gewisse Kategorien bestrafter 
Individuen von dem Aufenthalte an bestimmten Orten auszuschließen, und daß, 
wenn die Landespolizeibehörde von dieser Befugnis keinen Gebrauch macht, 
frühere Bestrafungen keinen Grund bilden sollen, einem Neuanziehenden den 
Aufenthalt zu versagen; 
ferner Erlaß vom 14. Dez. 1860 (MBl. 1861 S. 11 ff.), welcher verfügt: 
„a) daß der im § 2 Nr. 2 a. a. O. nach der Terminologie des damals 
gültigen landrechtlichen Strafrechts gebrauchte Ausdruck „Verbrechen“ auch 
auf solche strafbare Handlungen zu beziehen ist, welche nach dem neuen 
Stratgesetzbuche (jetzt nach dem Strafgesetzbuche f. d. D. R.) in die Kategorie 
der Vergehen gehören, beispielsweise auf Diebstahl; 
b) daß die Landespolizeibehörde bei Anwendung des § 2 
Nr. 2 sorgfältig zu erwägen hat, ob die bestrafte Person gerade 
an dem Ort, von wo sie entfernt werden soll, für die öffent- 
liche Sicherheit und Moralität gefährlicher ist als anderswo, 
desgleichen, ob ein anderer Ort zu ihrer Aufnahme verpflichtet 
§ V7.
	        
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