6 I. Teil. Einleitung.
wurde das Land, der damals herrschenden privatrecht-
lichen Auffassung der landesherrlichen Rechte entsprechend,
mehrfach geteilt, bis Landgraf Wilhelm II. („der Mitt-
lere“) von Niederhessen (I7 1509), vermöge Erbrechts das
ganze durch Kauf, Tausch, Heirat, Erbschaft und Lehen
inzwischen ansehnlich vermehrte Hessenland wieder in
einer Hand vereinigte. Sein Sohn und Erbe, Philipp
der Großmütige (1509—1567), war der letzte hessische
Herrscher, der sich in dem ungeteilten Besitze aller
hessischen Lande befunden hat; in seinem nicht minder
von richtigem Blick für das Ganze wie von sorgfältigster
Fürsorge für das Einzelne zeugenden Testamente! (vom
6. April 1562) empfahl er zwar seinen vier Söhnen
Wilhelm, Ludwig, Philipp und Georg, mit einander
hauszuhalten und das Land nicht zu teilen, traf aber
doch schon eingehende Anordnungen, wie es gehalten
werden sollte, „im Fall so sie nicht bey einander wohnen
könnten oder wollten." Philipps Söhne bestätigten zu-
nächst im Jahre 1567 dem gemeinsamen Landtage des
Niedern= und Oberfürstentums Hessen die Festhaltung
des väterlichen Testaments; im folgenden Jahre (28. Mai
1568) schlossen sie unter Zustimmung der Stände den
sogenannten Ziegenhainer Erb= oder Brüderver-
gleich. Dieser Vertrag enthält neben der Zusage gegen-
seitiger brüderlicher Hilfe und Einigkeit im wesentlichen
eine Wiederholung und Bestätigung der Wünsche und
Anordnungen Philipps; zugleich aber statuiert er für alle
Zukunft ein gegenseitiges Surccessionsrecht, nicht nur der
Kontrahenten selbst — wie das Testament bestimmt
hatte — sondern aller hessischer Fürsten unter Aus—
bgcdruch bei Beck II, S. 52.
: Abgedruckt bei Beck II, S. 92.