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6. der Schneider Jean Pierre Grau, gebürtig aus Bliesbrücken (Kreis Saargemünd in
Lothringen), durch Option französischer Staatsangehöriger, 65 Jahre alt, nach erfolgter
gerichtlicher Bestrafung wegen Landstreichens, durch Beschluß des Kaiserlichen Bezirks-Präsi-
denten zu Metz vom 2. Juli d. Js.
aus dem Reichsgebiete ausgewiesen worden.
Weisungen, welche zu beobachten sind, wenn es sich um vorläufige Festnahme eines flüchtigen Ver-
brechers in England handelt.
In Nr. 12 des Central-Blattes für das Deutsche Reich von 1874 (S. 101 ff.) sind diejenigen Vorschriften
bekannt gemacht, welche von den deutschen Behörden zu beobachten sind, wenn sie auf Grund des Ausliefe-
ungsvertages mit Großbritannien vom 14. Mai 1872 (Reichs-Gesetzblatt Seite 229 ff.) eine Auslieferung
nachsuchen
Diese Vorschriften sind zu beobachten, damit der Auslieferungsantrag dem Vertrage gemäß begründet
und darauf hin, gemäß Artikel IX des Vertrages, zur Festnahme des Flüchtlings geschritten werden kann.
Erscheint es in dringenden Fällen wünschenswerth, daß eine vorläufige Festnahme stattfinde, um
in der Zwischenzeit einen dem Vertrage gemäß begründeten Antrag stellen zu können, so sind neben den
gedachten Vorschriften noch folgende
Weisungen
zu beobachten. 1
1. Das Ersuchen, die vorläufige Festnahme einer Person herbeizuführen, deren Auslieferung
auf Grund des Auslieferungsvertrages mit Großbritannien vom 14. Mai 1872 beantragt
werden soll, ist unter Angabe der dem Verfolgten zur Last gelegten strafbaren Handlung
und mit thunlichst genauer Beschreibung seiner Person an diejenige Kaise rlich deutsche Kon-
sulatsbehörde im vereinigten Königreich zu richten, in deren Bezirk der Verfolgte vermuthet
wird.
2. Von dem gestellten Ersuchen (Ziffer 1) ist das Kaiserlich deutsche General-Konsulat zu London
gleichzeitig und wenn das Ersuchen telegraphisch erfolgte, ebenfalls im telegraphischen
Wege in Kenntniß zu setzen.
3. An das Kaiserlich deutsche General-Konsulat u London ist der Antrag da un ausschließlich
zu richten, wenn Spuren des Verfolgten fehlen oder über dessen Aufenthalt an einem be-
stimmten Orte im vereinigten Königreiche Nachrichten nicht vorliegen. Selbstverständlich sind
in diesem Falle in der Regquisition etwaige Anhaltspunkte, welche zur Ermittelung des
Verfolgten dienen können, mitzutheilen.
4. Zur Berücksichtigung geeignet sind in allen Fällen nur Anträge, welche von den zuständigen
(Gerichts= oder Polizei= resp. Dienst-) Behörden ausgehen.
5. Nach Eingang der Benachrichtigung darüber, daß die Ergreifung und Festnahme der ver-
solgten Person stattgefunden hat, sind die zur Begründung des Auslieferungsantrages ver-
tragsmäßig in der Nr. 12 des Central= Blattes für das Deutsche Reich von 1874 S. 101 ff
abgedruckten Bekanntmachung näher bezeichneten Schriftstücke in Abschriften, deren Ueber-
einstimmung mit den Originalen durch die requirirende Behörde zu bescheinigen ist, unver-
züglich an das Kaiserlich deutsche General-Konsulat zu London zu senden, um dem letzteren
zur Aufrechthaltung der vorläufigen Festnahme zu dienen.
6. Gleichzeitig oder baldthunlichst darauf ist eine zweite beglaubigte Abschrift der sub 5
erwähnten Schriftstlicke, welche zur Begründung des diplomatischen Auslieferungs=
antrages bestimmt ist, den vorgesetzten Behörden mit der Bitte um thunlichst beschleu-
nigte Weiterbeförderung im Instanzenzuge einzureichen.
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