Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Vierter Jahrgang. 1876. (4)

— 494 — 
5. Heimath-Wesen. 
— 
Grenzen der Zuständigkeit des Bundesamts für das Heimathwesen zur Entscheidung über die Grund- 
sätze, nach welchen die Kosten aufzuerlegen und festzusetzen sind. 
Irn einer zwischen dem Ortsarmenverband Stolp als Kläger und dem Gutsarmenverband Bartin als Ver- 
klagten anhängig gewesenen Streitsache sind durch Erkenntniß des Bundesamts für das Heimathwesen dem 
Kläger die Kosten erster Instanz und die baaren Auslagen beider Instanzen zur Last gelegt. Der Verklagte 
hat die Festsetzung der letzteren bei dem Verwaltungsgericht beantragt, aber gegen dessen Festsetzungsdekret an 
das Bundesamt Berufung eingelegt, weil die dem Kläger zur Last gelegten Auslagen zweiter Instanz nicht 
pro liquidato auf 60 Mark 20 Pfennig, sondern nur auf 21 Mark 23 Pfennig festgesetzt worden sind. Er 
berief sich darauf, daß es sich hier nicht nur um die nach §. 56 des preußischen Ausführungsgesetzes vom 
8. März 1871 von dem Gerichte erster Instanz endgültig zu bewirkende Festsetzung der Auslagen in quanto, 
sondern um die Grundsätze handle, nach welchen bei Festsetzung und Auferlegung der Kosten in Gemäßheit 
ganz bestimmter Gesetzesvorschriften zu verfahren sei. Das Verwaltungsgericht hat hierauf nach eingezogener 
Gegenerklärung des Klägers die Verhandlungen an das Bundesamt zur Entscheidung eingereicht. Dasselbe 
hat aber die eingelegte Berufung für nicht statthaft erachtet. 
Es führte zur Rechtfertigung der zurückweisenden Verfügung Folgendes aus: 
Allerdings hat das Bundesamt wiederholt ausgesprochen, daß bezüglich der Grundsätze, 
nach welchen Kosten, Auslagen und Gebühren den Parteien aufzuerlegen sind, den letzteren die 
Berufung an das Bundesamt durch den §. 56 des preußischen Ausführungsgesetzes nicht ver- 
schlossen sei. Allein dabei ist immer vorausgesetzt, daß das Bundesamt mit der Entscheidung 
hierüber in einer Streitsache befaßt werde, welche nach der Bestimmung des Reichsgesetzes vom 
6. Juni 1870 zu seiner Kompetenz gehört. Dies sind aber nach §. 37 dieses Gesetzes nur 
solche Streitigkeiten zwischen verschiedenen Armenverbänden, in welchen es sich um die öffent- 
liche Unterstützung Hülfsbedürftiger handelt. Es gehört also zur Begründung seiner 
Kompetenz, daß hierüber unter den Parteien noch Streit bestehe, oder wenigstens der erste 
Richter durch die Klage mit der Entscheidung über die öffentliche Unterstützung eines Hülfsbedürf- 
tigen, oder wenn die Hauptsache etwa ihre Erledigung bereits gefunden hätte, doch mit der Ent- 
scheidung über die durch den Armenpflegefall entstandenen Kosten als ein streitig gebliebenes 
accessorium der Hauptsache, befaßt gewesen sei. 
Unter diesen Voraussetzungen würde das Bundesamt sich allerdings für kompetent 
erachten müssen, selbst über eine Berufung zu erkennen, welche allein wegen des Kostenpunktes 
ergriffen wäre, sofern es sich nicht lediglich um die Festsetzung der Kosten und Auslagen in quanto 
handelt, denn mit dieser und der sich aus §. 41 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 ergebenden 
Ausnahme unterliegen die in einem solchen Streitverfahren ergehenden Entscheidungen ihrem 
ganzen Umfange nach zufolge der Bestimmung desselben Paragraphen, des §. 52 desselben Gesetzes 
und des §. 57 des bezogenen preußischen Ausführungsgesetzes, der Berufung an das Bundesamt. 
Nachdem aber über die Hauptsache und die Kosten einmal rechtskräftig entschieden worden und 
damit der durch die erhobene Klage anhängig gewordene Streit über die öffentliche Armenpflege 
in jeder Richtung seine endgültige Erledigung gefunden hat, also nur noch der Vollzug der 
rechtskräftigen Entscheidung in Frage steht, kann das Bundesamt mit der Entscheidung 
der hierbei sich erhebenden Streitfragen, auch soweit sie die bezüglich des Kostenersatzes anzuwen- 
den Grundsätze betreffen, durch Berufung gegen erstrichterliche Verfügungen nicht weiter befaßt 
werden. Denn das Reichsgesetz hat demselben eine Einwirkung auf den Vollzug der getroffenen 
Entscheidung, abgesehen von der sich aus dem §. 56 desselben ergebenden Ausnahme, in den 
§5. 53 und 59 nicht übertragen. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.