Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Sechzehnter Jahrgang. 1888. (16)

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zus ausgeführt werden soll (F. 674. Abs. 2 der Civilprozeßordnung; §. 162 des Gerichtsverfassungs- 
gesetzes). 
11. Soll die Zwangsvollstreckung aus einem der in Nr. 10 bezeichneten Titel in einem anderen 
deutschen Schutzgebiete erfolgen, so hat die Gerichtsbehörde erster Instanz auf Antrag des Gläubigers die 
Gerichtsbehörde des betreffenden Schutzgebietes um die Zwangsvollstreckung zu ersuchen (S. 700 Abs. 2 
der Civilprozebordnung). Diese Bestimmung findet auch im Verhältniß der Schutzgebiete von Kamerun 
und Togo zu einander Anwendung. - 
In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn die Zwangsvollstreckung im Bezirk eines deutschen 
Konsulargerichts erfolgen soll; jedoch ist dem an den Konsul zu richtenden Ersuchungsschreiben eine voll— 
streckbare Ausfertigung beizufügen. · 
12. Mit der Zwangsvollstreckung, welche aus einem der in Nr. 10 bezeichneten Titel in einem 
ausländischen Staate erfolgen soll, hat die Gerichtsbehörde sich nicht zu befassen, deren Betrieb vielmehr 
dem Gläubiger zu überlassen. 
13. Ersucht ein deutsches Gericht gemäß 8. 700 Absatz 2 der Civilprozeßordnung um Bewirkung 
einer Zwangsvollstreckung im Schutzgebiete, so ist dieselbe auf Grund des Ersuchens anzuordnen, ohne 
daß die Vollstreckbarkeit nachzuprüfen ist. Die Vollstreckung erfolgt in der in Nr. 7 bis 9 be- 
zeichneten Weise. 
F. 8. 
Bestimmungen für Strafsachen. 
(Zu den I§. 11 bis 15 der Verordnung vom 2. Juli 1888 und §. 21 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit.) 
1. Die Verfügung, durch welche der Angeklagte vom Erscheinen in der Hauptverhandlung ent- 
bunden wird (§. 12 der Verordnung) kann, wenn sie von Amtswegen erfolgt oder ein bezüglicher An- 
trag von dem Beschuldigten schon vorher gestellt war, gleichzeitig mit der Mittheilung des Termins der 
Hauptverhandlung an den Angeklagten erfolgen. Die Verfügung wird von dem zur Ausübung der 
Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten erlassen. Derselbe hat dabei zu prüfen, ob die im §. 12 der 
Verordnung bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. Erscheint in der Hauptverhandlung nach Ansicht 
des Gerichts die Verhängung einer höheren Strafe als der im §. 12 bestimmten angezeigt, so muß die 
Verhandlung vertagt und der Angeklagte zu dem neuen Termine vorgeladen und eventuell vorge- 
führt werden. 
Unter allen Umständen muß, wenn ohne die Anwesenheit des vom Erscheinen entbundenen An- 
geklagten verhandelt werden soll, derselbe, falls seine richterliche Vernehmung nicht schon im Vorver- 
fahren erfolgt ist, durch einen ersuchten oder beauftragten Richter über den Gegenstand der Anschuldigung 
vernommen werden (Strafprozeßordnung §. 232 Abs. 2, 3). Nöthigenfalls ist diese Vernehmung nach 
Maßgabe des §. 2 Nr. 5 dieser Anweisung einer anderen geeigneten Person zu übertragen. Für das 
im §. 231 der Strafprozeßordnung vorgesehene Ungehorsamsverfahren bedarf es hingegen einer vor- 
gängigen richterlichen Vernehmung des Angeklagten nicht. 
2. Das Verfahren in den durch §. 13 der Verordnung für beide Schutzgebiete dem Gericht 
erster Instanz in Kamerun übertragenen Schwurgerichtssachen regelt sich nach den Vorschriften, welche für 
die im S. 28 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bezeichneten Strafsachen gelten. Es findet daher 
auch der §. 9 des bezeichneten Gesetzes Anwendung, wonach in dem Falle, daß die Zuziehung von vier 
Beisitzern nicht ausführbar ist, die Zuziehung von zwei Beisitzern genügen soll. Dieser Fall wird auch 
dann als gegeben anzusehen sein, wenn in Folge der Zuziehung von vier Beisitzern in erster Instanz 
nach Lage der Verhältnisse keine ausreichende Zahl von Beisitzern für die eventuelle Verhandlung in der 
Berufungsinstanz verwendbar bliebe, da bei dem Obergericht (§. 5 der Verordnung) eine Verminderung 
der Zahl von vier Beisitzern unter keinen Umständen gestattet ist, die Personen aber, welche in erster 
Instanz als Beisitzer mitgewirkt haben, von der Mitwirkung in der Bernfungsinstanz ausgeschlossen sind. 
6 3. In Schwurgerichtssachen muß der Angeklagte sowohl in der ersten, als in der zweiten Instanz 
einen Vertheidiger haben (Strafprozeßordnung §. 140 Abs. 1, Verordnung vom 2. Juli 1888 F. 14 
Abs. 4). In diesen Sachen und ebenso in den Fällen, in welchen nach §. 140 Absatz 2 der Strafprozeß- 
ordnung die Vertheidigung eine nothwendige ist, ist dem Beschuldigten, welcher einen Vertheidiger noch 
nicht gewählt hat, ein solcher von Amtswegen zu bestellen, sobald das Hauptverfahren eröffnet wird. 
Beim Mangel geeigneter, zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zugelassener Personen ist als Vertheidiger 
ein anderer achtbarer Gerichtseingesessener zu bestellen.
	        
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