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Nachdem auf die beschriebene Weise eine klare Lösung erzielt worden ist, wird die Röhre, Füllung in
welche zur polarimetrischen Beobachtung dienen soll, mit dem dazu erforderlichen Theile der im das 200 mm-
Filtrirchlinder aufgefangenen Flüssigkeit voll befüllt. Rohr.
In der Regel ist ein 200 mm-Rohr zu benutzen; bei Zuckerlösungen, welche trotz aller
Klärungsversuche trübe beziehungsweise dunkel geblieben sind, ist die Benutzung eines 100 mm-
Rohres vorzuziehen.
Die Beobachtungsröhren sind aus Messing oder Glas gefertigt; ihr Verschluß an beiden
Enden wird durch runde Glasplatten, sogenannte Deckgläschen, bewirkt. Festgehalten werden die
Deckgläschen entweder durch eine aufzusetzende Schraubenkapsel oder durch eine federnde Kapfsel,
welche über das Rohr geschoben und von der Feder festgehalten wird.
Die Röhren müssen auf das gründlichste gereinigt und gut getrocknet sein. Die Reinigung
geschieht zweckmäßig durch wiederholtes Ausspülen mit Wasser und Nachstoßen eines trockenen
Pfropfens aus Filtrirpapier mittelst eines Holzstabes. Die Deckgläser müssen blank geputzt sein und
dürfen keine fehlerhaften Stellen oder Schrammen zeigen. Beim Füllen des Rohres ist seine Er-
wärmung durch die Hand zu vermeiden. Man faßt deshalb das unten geschlossene Rohr am oberen
Theil nur mit zwei Fingern an, gießt es so voll, daß die Flüssigkeitskuppe die obere Oeffnung
überragt, wartet kurze Zeit, um etwa entstandenen Luftblasen Zeit zum Aufsteigen zu lassen, und
schiebt das Deckgläschen von der Seite in waagerechter Richtung über die Oeffnung des Rohres.
Das Ausfschieben des Deckgläschens muß so schnell und sorgfältig ausgeführt werden, daß unter dem
Deckgläschen keine Luftblase entstehen kann. Ist das Ueberschieben des Deckgläschens das erste
Mal nicht befriedigend ausgefallen, so muß es wiederholt werden, nachdem man das Deckgläschen
wieder geputzt und getrocknet und die Kuppe der Zuckerlösung im Rohr durch Hinzufügen einiger
Tropfen der Flüssigkeit wieder hergestellt hat. Nach dem Aufschieben des Deckgläschens wird das
Rohr mit der Kapsel verschlossen. Erfolgt der Verschluß mit einer Schraubenkapsel, so ist mit
peinlicher Sorgfalt darauf zu achten, daß dieselbe nur so weit angezogen wird, daß das Deckgläs-
chen eben nur in fester Lage sich befindet; ist das Deckgläschen zu fest angezogen, so kann es
optisch aktiv werden und man erhält bei der Polarisation ein unrichtiges Ergebniß. Ist die
Schraube zu stark angezogen worden, so genügt es nicht, dieselbe zu lockern, sondern man muß auch
längere Zeit warten, bevor man die Polarisation vornimmt, da die Deckgläschen das angenommene
Drehungsvermögen zuweilen nur langsam wieder verlieren. Um sicher zu gehen, wiederholt man
alsdann die Beobachtung mehrere Male nach Verlauf von je 10 Minuten, bis das Ergebniß eine
Aenderung nicht mehr erleidet.
Nachdem das Rohr gefüllt ist, hält man es gegen das Licht und überzeugt sich, ob das Vorbereitung
Gesichtsfeld kreisrund erscheint, und ob insbesondere keine Theile des zur Milderung der Pressung des Polarisa-
des Deckgläschens eingelegten Gummiringes über den inneren Metallrand der Verschlußkapsel her= zar Broach-
vorragen. Zeigen sich solche Gummitheile, so ist ein neues trockenes Rohr unter Verwendung eines uung.
weiter ausgeschnittenen Gummiringes mit der Flüssigkeit zu füllen. Sodann wird der Polarisations=
apparat zur Beobachtung bereit gemacht. Derselbe soll in einem Raum aufgestellt werden, welcher
durch Verhängen der Fenster und dergleichen nach Möglichkeit verdunkelt ist, damit das Auge bei
der Beobachtung durch seitliche Lichtstrahlen nicht gestört wird. Mit größter Sorgfalt ist darauf
zu achten, daß die zum Apparat gehörige Lampe in gutem Stande sei. Man stellt die Lampe in
einer Entfernung von 15 bis 20 cm vom Apparat auf. Nach dem Anzünden wartet man mindestens
eine Viertelstunde, ehe man zur Polarisation schreitet. Jede Veränderung der Beschaffenheit der
Flamme, sowie der Entfernung der Lampe vom Apparat, also jedes Hoch= oder Niedrigschrauben
des Dochtes beziehungsweise der Flamme, jedes Vorwärtsschieben oder Drehen der Lampe beeinflußt
das Ergebniß der Beobachtung.
Durch Verschiebung des Fernrohres, welches an dem vorderen Ende des Apparats sich
befindet, stellt man denselben alsdann so ein, daß der Faden, welcher das Gesichtsfeld im Apparat
in zwei Theile theilt, scharf zu erkennen ist. Man drückt dabei das Auge nicht an das Augenglas
des Fernrohrs an, sondern hält es 1 bis 3 cm davon ab und sorgt dafür, daß der Körper
während der Beobachtung in bequemer Stellung sich befinde, da jede unnatürliche Stellung des-
selben zu einer störenden Anstrengung des Auges führt. Wenn der Apparat richtig eingestellt ist,
muß das Gesichtsfeld kreisrund und scharf begrenzt erscheinen. Man beruhige sich niemals mit
einer unvollkommenen Erfüllung dieser Vorbedingung, sondern ändere die Stellung der Lampe be-
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