Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechsundzwanzigster Jahrgang. 1910. (51)

616 Balgarien. (Januar 17. — März 16.) 
XVIII. 
Bulgarien. 
17. Januar. Die Regierung verschiebt die Kündigung der 
Handelsverträge von 1905 um 2 Jahre, so daß sie bis zum 1. Januar 
1913 in Geltung bleiben. 
24. Januar. Besuch des serbischen Kronprinzen Alexander 
am Hofe des Königs Ferdinand. 
Die oppositionelle Presse erblickt in dem Besuche ein mißlungenes 
Manöver des Königs Ferdinand gegenüber der Türkei. Die Regierungs- 
presse sucht Hoffnungen auf einen politischen Ertrag des Besuches zu er- 
wecken und ihn als ein Unterpfand für den Balkanfrieden und als Beweis 
dafür hinzustellen, daß Bulgarien seine Mißhelligkeiten mit Serbien der 
Vergessenheit anheimgibt. 
Gleichzeitig sind in den meist von Türken bewohnten Gebieten 
Nordostbulgariens jungtürkische Sendlinge eingetroffen, die die türkische 
Bevölkerung zur Auswanderung nach Mazedonien zu bewegen suchen. 
30. Januar. Die bulgarische Regierung bittet bei der Pforte 
um eine Erklärung für die plötzliche Mobilisierung der Reserven 
in Mazedonien. 
17. Februar. Neue Ordensdekoration. 
Zur Erinnerung an die Unabhängigkeitserklärung schlägt die Re- 
gierung der Sobranje die Stiftung eines Ordens vom heiligen Cyrillus 
und Methodius für fremde christliche Souveräne und Prinzen und solche 
In= und Ausländer vor, die sich um Bulgarien oder die Menschheit ver- 
dient gemacht haben. Die Zahl der Ritter soll 15 betragen. 
21. Februar. In Sosia bildet sich ein Verein „Autonomes 
Mazedonien“. 
23./26. Februar. (Türkei und Bulgarien.) Zwischen den 
türkischen und bulgarischen Grenztruppen finden täglich Plänkeleien 
und Schußwechsel statt. 
Die Reise des Königs nach Petersburg erhält dadurch eine scharfe 
Beleuchtung. (Siehe Rußland 23. Februar!) 
13. März. (Nustschuk.) Nationale Gegensätze. 
Infolge des Versuches eines Bulgaren, eine minderjährige Türkin 
trotz eines Gerichtsbeschlusses ihren Eltern zu entziehen, kommt es zu 
einem Kampf zwischen den Truppen und einer bulgarischen Menge, während 
sich die türkische Bevölkerung ganz korrekt verhielt. 17 Personen werden 
getötet, 32 verwundet. Die Regierung läßt die Toten, die aus den ärmsten 
Kreisen stammen, auf Staatskosten begraben und sagt dem türkischen Ge- 
sandten Assim Bey in Sofia Schutzmaßregeln für die türkische Bevölkerung 
Rustschuks zu. 
16. März. (Sofia.) Studenten als Demagogen. 
Als Protest gegen das Rustschuker Blutbad veranstalteten die 
Hochschüler eine sehr zahlreich besuchte Volksversammlung, in der
	        
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