LHebersitt der pelitisen Entuinelung des Jahres 18809. 383
überwindet. Allerdings hat es fast drei Jahre gedauert, bis die
zuerst von Boulanger als Kriegsminister (Sommer 1886) in An-
griff genommene Reform Gesetz geworden ist, aber das nunmehr
durch den Kriegsminister Freycinet, einen Civilisten, dem alten
Gehilfen Gambetta's, ins Leben gerufene Gesetz muß als eine
höchst respektable Leistung anerkannt werden. Es geht darauf aus,
was bisher noch kein Staat erreicht hat, wirklich alle Männer mit
gesunden Gliedmaßen zu kriegsbrauchbaren Soldaten zu erziehen.
Zu diesem Zweck ist die bisher fünfjährige Dienstzeit auf drei Jahre
herabgesetzt und daneben ein sehr ausgedehnter einjähriger Dienst
geschaffen. Nicht ein „einjähriger“ Dienst im alten Sinne, der an
gewisse Bildung geknüpft war (dies Privilegium ist nur für die
höchsten Schichten, Studierende und Beamte beibehalten), sondern
ein durch das Los oder von der Armee selbst regulierter. Außer
einer Zahl von „Familienstützen“ oder sonst milder Behandelten,
soll das Budget jährlich bestimmen, wie viel Leute nach einjähriger
Ausbildung zu entlassen sind. Ob die Armee nunmehr zu einer
bloß oberflächlich exerzierten Miliz herabsinkt oder ob der Menge
auch die rechte Qualität gegeben wird, hängt von der Praxis, von
der finanziellen Opferwilligkeit und Opferfähigkeit des souveränen
Volkes ab. Zunächst besteht unzweifelhaft der feste Wille, Ernst
zu machen mit der kriegerischen Durchbildung des ganzen Volkes
und die Armee dementsprechend zu vermehren. Von 60,000 Mann
sprach der Kriegsminister, die jährlich mehr eingestellt werden soll-
ten. Die Gesamtsumme der jährlich Einstellbaren wird auf 220,000
berechnet, während Deutschland, das fast 10 Millionen Einwohner
mehr zählt (eingeschlossen 17,000 Ersatz-Reservisten) nur 191,000
Mann einstellt. Auch die Bespannung der Feld-Artillerie wurde
vermehrt, und die Mittel zu diesen Verstärkungen gewonnen durch
eine neue Steuer, die „Wehrsteuer“, welche alle diejenigen zahlen,
die in keiner Weise für den Armeedienst brauchbar sind und nicht
persönlich herangezogen werden können. (Preuß. Jahrb. Bd. 64
S. 338.)
Kann Frankreich nach dem allen mit einer gewissen Befrie-
digung auf das Jubeljahr seiner großen Revolution zurückschauen,
so muß diese Befriedigung noch gesteigert werden durch den glän-