Full text: Der Leumund der Sachsen

Die Mundart. 21 
Das erstere ist der natürliche Ausfluß der in der That 
vorhandenen gutherzigen und freundlichen Art unsres Stammes; 
das andre daraus erklärlich, daß bei der allgemeinen Bildung, 
welche unser gesamtes Dolk durchdringt, eine Abschleifung und 
Verwischung des Dolksdialekts eintreten mußte. Wenn diese 
Vorzüge vielfach nicht nur nicht so, wie sie es verdienen, aner- 
kannt werden, sondern ein Gegenstand fortwährender Neckereien 
sind, wie man es bei jeder Reise durch andre deutsche Lande 
erleben kann, und wenn infolge davon unter den Sachsen selbst 
viele, an der Berechtigung ihrer Mundart irre geworden, sich 
Mühe geben, dieselbe abzulegen, so sei dagegen darauf aufmerk- 
sam gemacht, daß wir von maßgebender Seite höchst ehrenvolle 
Seugnisse über unfre Sprache anführen können. 
Der Minnesänger Hugo von Trimberg (Anfang des 14. 
Jahrhunderts) erteilt in seinem „Renner" den Meißnern das 
Lob einer sorgfältigen Aussprache, und eine alte Driamel des 
15. Jahrhunderts sagt: „In Meißen teutsche Sprache gar gut.“27) 
Als sodann Luther, der Schöpfer der neuhochdeutschen Schrift- 
sprache auftrat, fand er an der Sprache, wie sie sich in der 
sächsischen Kanzlei ausgebildet hatte, eine Schriftsprache vor, in 
welcher er sich jedem Deutschen verständlich machen konnte. Er 
selbst sagt darüber: 
„Ich habe keine sonderliche eigne Sprache im Deutschen, sondern 
gebrauche der gemeinen deutschen Sprache, daß mich beide, Gber= und 
Miederdeutsche, verstehen mögen. Ich rede nach der sächsischen Kanzlei, 
welcher nachfolgen alle Fürsten und Hönige in Deutschland. Alle Reichs- 
städte und Fürsten schreiben nach der sächsischen und unsres Fürsten Kanzlei. 
Darum ist es auch die gemeinste deutsche Sprache. Kaiser Max und ur- 
fürst Friedrich, Herzog zu Sachsen, haben im römischen Reiche die deutschen 
Sprachen also in eine gewisse Sprache gezogen.“26)
	        
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