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auf der Universität Leipzigs beinahe nichts so zeitig gelernt
habe, als ein Schriftsteller werden.“)
Auch für Goethe ist der allgemeine Einfluß des Leipziger
Lebens auf sein Denken und Empfinden mindestens ebenso
merkbar als der einzelner Lehrer.4!) Was ihm CLeipzig gewesen,
ist hinlänglich bekannt. Er hat für diese Stadt das zum ge-
flügelten Worte gewordene Lob im Faust niedergelegt:
Mein TLeipzig lob' ich mir,
Es ist ein klein Haris und bildet seine TLeute.
Dies Lob ist nun freilich nicht nach unserm Geschmack,
denn es verrät zu deutlich, daß Goethe, als er es schrieb, immer
noch unter dem im Slternhause empfangenen und später auch
noch bestärkten Eindrucke stand, als ob die französische Bildung,
die sei, die auch die Deutschen nachahmen müßten. Allein von
dieser Befangenheit, welche der ersten Heriode seines dichterischen
Wirkens ihren allgemeinen Charakter gegeben hat, ihn zu heilen,
ist ihm gerade in Leipzig der Hopularphilosoph Clodius be-
hilflich gewesen, welcher ihm wenigstens zum Bewußtsein brachte,
welchen Mlißbrauch die deutschen Dichter mit der sgriechischen
Götterlehre trieben. Machdem Clodius eines seiner Gedichte von
diesem Gesichtspunkte aus scharf angegriffen hatte, so verwünschte
er, wie er selbst sagt, von der Richtigkeit der Clodiusschen Kri-
tik überzeugt, den ganzen Olpmp, warf das ganze mpthische
Dantheon weg und ließ seit jener Seit höchstens noch Luna und
Amor in seinen kleinen Gedichten auftreten.45) Clodius selbst
war begeistert für Leipzig, das ja überhaupt seinen akademischen
Lehrern in jeder Hinsicht stets geboten hat, was ihr herz nur
wünschen kann.“)