Die Thomasschule ist reich an altem und neuem Ruhme,
und unter den Namen ihrer Lehrer sind manche, die nimmer
verklingen. Unvergänglich vor allen wird das Gedächtnis
Rudolf Hildebrands bleiben, des Meisters der deutschen Sprach-
forschung, des Bildners des deutschen Unterrichts, des guten
und großen Menschen. Aus seinen Schriften leuchtet herrlich
sein Bild; wir bewundern den Adel seines lauteren Herzens,
das sich an allem Guten und Edlen und Schönen erhob,
die Tiefe des Gemüts, das auch den scheinbar geringsten
alltäglichen Dingen warmes Verständnis und fürsorgliche
Teilnahme schenkte, die Freudigkeit der Seele, die in der
Natur oder in Gesang und Musik ihr inniges Genügen fand
und andererseits in sieghaftem, stets unveränderlichem Humor
zum Ausdruck kam, die Natürlichkeit seines Wesens, die in
kräftigem Wahrheitssinne wurzelte, die Echtheit und lebendige
Frische seiner deutschen Gesinnung, die lichte Kühnheit und
den dichterischen Schwung seiner Phantasie und zu dem
allen den reichen Schatz von Wissen und Geist und scharfem
Verstande.
Der Geschichte der Thomasschule gehört Rudolf Hilde-
brand schon als Knabe an. Am 13. März 1824 in Leipzig
geboren, besuchte er unser Gymnasium vom zwölften bis zum
neunzehnten Lebensjahre. Gleich bedeutend waren seine Be-
gabung und sein Eifer.
Nachdem er in Leipzig studiert hatte, wirkte er zwanzig
Jahre als Lehrer an der Thomasschule.
„Daß in Hildebrand ein bedeutender Mensch und außer-
gewöhnlicher Lehrer vor sie trat, das fühlten selbst unter
den kleinen Quintanern die Begabteren, und der Eindruck,
den eine achtunggebietende Persönlichkeit von tiefsittlichem