Full text: Volkstümliches aus dem Königreich Sachsen auf der Thomasschule gesammelt. Zweites Heft. (2)

Volkstümliches aus dem Nachlasse von Rudolf Hildebrand. 149 
Zuschrift eines Freundes (A. W.) aus Magdeburg vom 
10. Juni 1882: 
Nach dem Gelege habe ich mich, so sehr ich konnte, 
erkundigt; ... nur einer meiner Collegen kennt den Ausdruck 
die Lege (möglichst kurz ausgesprochen) vom Oderbruch her; 
im ganzen Erzbistum Magdeburg und in der ganzen Alt— 
mark soll aber diese oder eine ähnliche Bezeichnung völlig 
unbekannt sein. Überhaupt ist in den beiden letzteren Land- 
schaften, die fast mehr als den Regierungsbezirk Magdeburg 
umfassen, eine Sichel eine große Seltenheit. Ein College 
sagte mir sogar, in seinem Heimatsdorfe gebe es nur eine 
einzige, die von seinem alten Onkel als Merkwürdigkeit be- 
wahrt werde. Allüberall schneidet man nicht bloß das Ge- 
treide, sondern auch das Gras mit der Sense, und das 
unter einem Sensenhiebe Gefallene bezeichnet man als Hau. 
Sollte vielleicht der Grund davon, daß man hier zu Lande 
eine Sichel weniger, ein Gelege oder eine Lege aber gar 
nicht kennt, in der Gestalt des Elbtieflandes zu suchen sein? 
— 
Volkstümliche Reime aus Gegenden außerhalb 
dens Rönigreichs Sachsen. 
1. Heie boie sause, 
Der Bettelmann steht im Hause, 
Hat einen großen Sack bei sich, 
Nimmt die bösen Kinder mit, 
Wirft sie in die Saale, 
Schwimmen sie bis nach Kahle, 
Schwimmen sie bis nach Ammerbach, 
Schreien sie alle ach! ach! ach! (Kahla.) 
2. Es ging ein Männlein den Blocksberg 'nan, 
Hatt' paar rote Höslein an, 
Wie es wieder 'runter kam, 
Hatts die Höslein abgethan. (Südthüringisch.)
	        
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