Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

Geschichtliche Einleitung. 
Von den historischen Ereignifsen, die zur Gründung des Deutschen 
Reichs führten, sollen nur diejenigen vorgetragen werden, die für die Aus- 
legung des geltenden Rechts noch von Bedeutung find. 
Der Krieg des Jahres 1866 führte die Auflösung des alten Deutschen 
Bundes herbei und die alsdann in Deutschland entstandene staats- und 
völkerrechtliche Situation wird dadurch charakterisiert, daß Osterreich von 
der neuen Gestaltung Deutschlands ausgeschlossen war (auf Grund des 
Prager Friedensvertrages Art. IV) und daß in Deutschland 25 selbständige 
Einzelstaaten übrigblieben, die durch kein staatsrechtliches und außer dem 
hier nicht in Betracht kommenden Zollverein auch durch kein völkerrecht- 
liches Band vereinigt waren, so daß sie für jede andere Verbindung freie 
Hand hatten. Im Gebrauche dieser ihrer unbeschränkten Freiheit schlossen 
die nördlich des Mains gelegenen Einzelstaaten die Augustbündnisse des 
Jahres 1866. Die Bündnifse wurden eingeleitet (wenn man die bereits 
vorausgegangenen Vorschläge auf Reformierung des alten Bundes außer 
Betracht läßt) durch ein Rundschreiben der preußischen Regierung v. 10 Juni 
1866, in welchem den anderen deutschen Regierungen Grundzüge einer 
neuen Bundesverfassung zur Erwägung mitgeteilt und gleichzeitig die 
Regierungen aufgefordert wurden, sich darüber schlüssig zu machen, „ob sie 
eventuell, wenn in der Zwischenzeit bei der drohenden Kriegsgefahr die 
bisherigen Bundesverhältnisse sich lösen sollten, einem auf der Basis dieser 
Modifikationen des alten Bundesvertrages neu zu errichtenden Bunde bei- 
zutreten geneigt sein würden“ (Staatsarchiv Bd. XI Nr. 2310, 2317 
S. 104 ff.). Diese Grundzüge enthielten ungefähr dasselbe wie die jetzt 
geltende Verfassungsurkunde des Deutschen Reichs, abgesehen davon daß 
nach dem Entwurf die militärischen Befugnisse des Königs von Bayern 
insofern etwas weiter gehen sollten, als seinem Oberbefehl im Frieden nicht 
nur die Truppen des eigenen Kontingents, sondern alle Truppen der 
sogenannten „Südarmee“ unterstellt werden sollten. Auf der Grundlage 
dieses Angebots der preußischen Regierung kam am 18. Aug. 1866 
zwischen Preußen, Sachsen-Weimar, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen- 
Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarz- 
burg-Sondershausen, Waldeck, Reuß j. L., Schaumburg-Lippe, Lippe, Lübeck, 
Sremen und Hamburg ein Vertrag folgenden Inhalts zustande (Ges.S. 
626): 
Die Regierungen der genannten Staaten schlossen ein Offenfiv= und 
Defensivbündnis zur Erhaltung der Unabhängigkeit und Integrität sowie 
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