Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

358 IV. Präsidium. Art. 17. 
der Reichskanzler ist nicht für seine Tätigkeit im Bundesrat, und zwar für 
den Vorsitz sowenig wie für die Führung der preußischen Stimmen juristisch 
verantwortlich, weil auch er an die ihm vom preußischen Staatsministerium 
erteilte Instruktion gebunden ist; ebenso Laband 1 S. 351 und Art. 7 Clll, 
IV S. 244 ff.; daß die Instruktion unter seiner Leitung zustande gekommen 
ist, fällt für die Frage der juristischen Verantwortung nicht ins Gewicht. 
Die politische Verantwortung geht allerdings auch in diesem Teile seines 
Ressorts parallel mit dem tatsächlichen Einfluß, der dem Reichskanzler auf 
die Erteilung der Instruktion zusteht. 
c) Das Berhältuis zum preußischen Staatsministerium. 
Was die Stellung des Reichskanzlers zum preußischen Staatsministerium 
angeht, so begegnen sich die Ressorts in den Geschäften, die Preußen im 
Bundesrat führt. Dem Fürsten Bismarck hatte ursprünglich vorgeschwebt, 
daß die Instruktion der preußischen Stimmen nur von ihm in seiner Eigen- 
schaft als dem preußischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten ab- 
hängen würde, da die Vertretung Preußens im Reich nach Analogie der 
Vertretung Preußens in irgendeinem anderen — ausländischen — Staate 
zu behandeln sei, und Fürst Bismarck nahm an, daß es lediglich eine innere 
Angelegenheit seines Ressorts als preußischer Minister des Auswärtigen sei, 
wie er sich mit den übrigen preußischen Staatsministern auseinandersetzen 
wolle; vgl. seine Ausführungen in den Sitzungen des konst. Reichstags v. 
26. u. 27. März 1867 St. B. 377 u. 8393. Die Verhältnisse haben sich später 
anders entwickelt, da das preuß. Ministerium des Auswärtigen materiell. 
im Auswärtigen Amt des Reichs aufgegangen ist. Für die Instruktion 
der preußischen Stimmen im Bundesrat ist das preußische Staatsministerium 
in seiner Totalität nach außen verantwortlich, und der Reichskanzler ver- 
tritt insoweit, sei es auf Grund allgemeiner oder spezieller Vollmacht, 
das preußische Staatsministerium und handelt bei der Ausgabe der 
Instruktion nicht aus eigenem Recht. Wie die preußischen Staatsminister 
einschließlich ihres Präsidenten, des Reichskanzlers, sich wegen der Instruktion 
der preußischen Bundesratsbevollmächtigten untereinander einigen, ist ihre 
interne Angelegenheit. Die damaligen Ausführungen des Fürsten Bismarck 
find noch insofern von Bedeutung, als er sehr bestimmt hervorgehoben hat, 
daß der leitende Beamte des Reichs sich wegen der Vertretung Preußens 
im Bundesrat in steter Fühlung mit dem preußischen Staatsministerium 
befinden müsse. Fürst Bismarck hat ferner in der Reichstagssitzung v. 
27. März 1867 St. B. 397 anerkannt, daß das preußische Staatsministerium 
dem preußischen Landtage für die Instruktion der preußischen Bundesrats- 
bevollmächtigten verantwortlich und daß hierdurch ein Ersatz dafür gegeben 
sei, daß für die Tätigkeit des Bundesrats der Reichskanzler die Verant- 
wortung weder dem Reichstage noch irgendeiner anderen Stelle gegenüber 
trägt; vgl. Art. 7 C lIl S. 244. Der Abg. v. Bennigsen stimmte den 
Ausführungen des Reichskanzlers in derselben Sitzung St. B. 398 bei. 
Fürst Bismarck hat diese Fragen in der Reichstagssitzung v. 28. Sept. 1867 
St. B. 137 nochmals erörtert und dabei hervorgehoben, daß das Verhältnis 
zwischen dem Kanzler und dem preußischen Staatsministerium sowie 
zwischen dessen einzelnen Mitgliedern untereinander nur so lange frei von 
Reibungen und Konflikten bleiben könne, als allseitig der Grundsatz fest-
	        
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