Full text: Regierung und Volkswille.

108 Römische Wahlen. 
wohnen? Diesem Hindernis kam man von Anfang an 
dadurch entgegen, daß nicht nach Köpfen abgestimmt wurde, 
sondern nach Tribus oder nach ihren Unterabteilungen, nach 
Centurien*), d. h. also, nicht soviel tausend Nein gegen 
soviel Ja, sondern soviel Tribus resp. Centurien für und 
soviel gegen. Die Centurien oder Tribus der Stadt Rom 
haben also nicht mehr zu bedeuten, als eine Tribus etwa 
oben bei den Umbriern oder unten in Lukanien, von denen 
nur ein kleiner Teil der Bürger zufällig in Rom ist und 
seine Stimme abgibt. 
Die letzte Tribus ist errichtet worden zwischen dem 
ersten und zweiten punischen Kriege, das war die 35. 
Später sind keine mehr errichtet worden, sondern neue 
Bürger wurden den schon bestehenden Tribus zugeteilt. 
Man erkennt, daß nunmehr die Abstimmung ganz und 
gar davon abhängt, wie die Wahlorganisation Leute hinein- 
bringt in die Tribus, die nicht in Rom ansässig sind. Wie 
diese Wahlorganisation, der Kaukus, in Rom organisiert 
gewesen ist, und wie er funktioniert hat, davon wissen wir 
leider nichts. Er muß aber in ganz durchgreifender Weise 
existiert haben. Denn die führenden Familien haben ein 
großes Interesse daran, wer in das Konsulat kommen soll. 
Dem Volk wird es ziemlich gleichgültig gewesen sein, wer 
gewählt wurde, ob ein Fabius oder ein Claudius, ein 
Cornelius oder ein Cäcilius; aber diesen Familien lag sehr 
viel daran, ob sie die richtige Zahl der Centurien manipuliert 
hatten. Denn der Gewählte hatte für das nächste Jahr 
ein hohes und zugleich, wenn es Krieg gab, durch die Beute, 
später besonders durch die Verwaltung der Provinzen im 
*) Daß die Centurien nichts als Unterabteilungen der Tribus sind, 
glaube ich in der zweiten 2 Auflage der „Geschichte der Kriegskunst“ 
nachgewiesen zu haben.
	        
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