Full text: Regierung und Volkswille.

162 Die deutsche Schule 
der Wortschatz der Kinder so klein, daß es wirklich möglich 
ist: sie lernen deutsch. Die deutschen Kinder aber 
lernen so gut wie gar nichts, da zunächst einmal die Polen 
so weit gebracht werden müssen, mit den Deutschen dem 
Unterricht folgen zu können. Wenn die Kinder aus der 
Schule kommen, sind die deutschen dumm geblieben, die 
Polen haben wohl einiges gelernt, sind aber zugleich erfüllt 
von der bitteren Erfahrung der Fremdherrschaft, denn eine 
tiefere Kränkung des Nationalbewußtseins gibt es ja gar 
nicht, — fragen Sie darüber unsere Landsleute in Ungarn 
und Rußland —, als wenn eine Schulsprache erzwungen 
wird, die nicht die Sprache von Vater und Mutter ist. Die 
Polenkinder sind also erstens mit Nachhilfe des Beichtvaters 
alle zu polnischen Patrioten erzogen. Zweitens, kommen sie 
aus der Schule, so haben sie so viel gelernt, um allenthalben 
die Deutschen zurückzudrängen. Denn der Zweisprachige ist 
ja immer stärker als der Einsprachige. Jeder Krämer, der 
einen Lehrling für seinen Laden braucht, muß einen suchen, 
der beide Sprachen kann, und selbst in dem kleinen Beamten- 
tum braucht man Anwärter, die mit den Leuten, die nicht 
deutsch sprechen können, sich zu verständigen vermögen. Das 
Aufzwingen der Sprache hat sich also nicht als ein Mittel 
erwiesen, die polnische Bevölkerung dem Deutschtum zuzu- 
führen, sondern im Gegenteil, sie auszustatten mit Kräften, 
um dies desto intensiver zu bekämpfen. Das Aufzwingen 
der deutschen Volksschule ist echte und rechte Bureaukraten- 
Politik, die sich einbildet, mit ihrem Reglement alles machen 
zu können, was sie sich vorsetzt, dieser Beamtenhochmut, 
der gar nicht sieht, daß es auch noch andere Kräfte gibt 
auf der Welt, die stärker sind als die seinigen. Der eigent- 
liche Schöpfer dieser Volksschulpolitik war ein Ministerial- 
direktor im Kultusministerium, Kügler, einer der befähigtsten
	        
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