Akademie und
Bibliothet in
Posen.
170 Akademie und Bibliothek.
mehr abdämpfen wird. An solche Folgen hat unsere Ost-
markenpolitik nicht gedacht, als sie die vielen Millionen für
den Bau der Trutzburg in Posen forderte und bewilligte.
Dann ist in Posen eine Akademie gegründet worden,
und kann nicht leben und nicht sterben. Einige Semester
haben die Posener Deutschen die Vorlesungen, die ihnen
geboten wurden, mit Vergnügen gehört. Jetzt ist das Inter-
esse erschöpft, und die Professoren haben keine Zuhörer.
Eine Universität kann man aus der Akademie nicht machen;
eine deutsche geht nicht, eine polnische will man nicht.
Schon der berühmte Ministerialdirektor Dr. Althoff hat
sich vergeblich den Kopf darüber zerbrochen, wie er
dem verkrüppelten Ding zu irgendeinem vernünftigen Dasein
verhelfen könne.
Da ist außer der Akademie mitten in der Stadt eine
herrliche Bibliothek errichtet worden, zu der einst alle
deutschen Buchhändler im patriotischen Sinne ihre Verlags-
werke zu stiften aufgefordert wurden. Wie oft aber kommt
ein Gelehrter nach Posen und fordert Bücher? Gewiß ist
in der Provinz und in der Haupstadt immer auch ein ge-
wisser Gelehrtenbedarf; aber der Hauptvertrieb ist doch, wie
auch die amtlichen Berichte dartun, die moderne Belletristik*),
oder mit anderen Worten, wie die Posener in mokantem
Ton sagen: „Es ist die Leihbibliothek für unsere jungen
Mädchen.“ Für solche Zwecke haben die preußischen Steuer-
zahler Millionen und aber Millionen aufbringen müssen,
während für die preußischen Universitätsbibliotheken und
selbst für die Königliche Bibliothek in Berlin die wenigen
*) Mir liegt der amtliche Bericht über das Jahr 1908 vor. Aus-
geliehen wurden 27000 Bände wissenschaftlicher Natur neben 69000 Bän-
den volkstümlicher Natur, und diese 69000 Bände wurden hauptsächlich
bestritten mit nicht mehr als 5000—6000 Bänden der neueren Literatur.