Konservativer Charakter des Beamtentums. 183
regiment nicht machen, weil man einer Partei eine so un-
geheure Macht nicht anvertrauen kann. Wir hingegen
brauchen vor den Trusts keine Furcht zu haben, obgleich
sich ja bei uns schon starke Ansätze dazu bilden. Aber
unser Staat könnte schon durch seine Eisenbahn, verbunden
mit der Zollgesetzgebung, einen so großen Druck ausüben,
daß die Trusts nie eine so große Gewalt bei uns bekommen
werden wie etwa in Amerika.
Vielleicht wendet man ein, es sei eine Fiktion, daß
unser Beamtentum außerhalb der Parteien stehe; es sei viel-
mehr konservativ. Daran ist etwas Wahres. Ganz abgesehen
von dem naturgemäß konservativem Zug, der dem Beamten-
tum immer innewohnen muß, weil es berufen ist, den Staat
als solchen zu erhalten, wird das Konservative gerade in unserem
Beamtentum noch durch zwei besondere Motive verstärkt:
erstens, daß unser Staat sich aus feudalistischen Verhältnissen
historisch entwickelt hat und daher im Beamtentum eine Tradi-
tion herrscht, die den Zusammenhang mit den reaktionären
Mächten bis auf den heutigen Tag noch nicht ganz abgestreift
hat; zweitens infolge unserer parlamentarischen Einrichtungen,
die die Regierung oft mehr, als ihr selbst lieb ist, darauf
anweisen, mit den konservativen, agrarischen und kirchlichen
Kreisen so gut wie möglich zu stehen, um sich gegen den
Ansturm der radikalen Demokratie zu behaupten. Insofern
hat wirklich unser Beamtentum einen Zug von Parteinahme
für alles Konservative. Trotzdem ist meine Charakteristik
prinzipiell richtig, und der Beweis ist, daß, wenn die Libe-
ralen klagen, die Beamten seien grundsätzlich konservativ,
die Konservativen, zwar nicht so sehr öffentlich, aber sehr
stark im stillen auf den Liberalismus der Beamten schelten.
Schon der alte Marwitz hat ja immer von neuem ver-
kündigt, die wahren Jakobiner seien nicht die Demagogen,
Das Konser-
vative des Be-
amtentums.