Full text: Regierung und Volkswille.

32 Die deutsche Flotte. 
Flottenbau aufgegangen ist. Nicht gehoben von der Welle 
einer nationalen Bewegung ist das große Werk geschaffen 
worden, sondern durch geschickte parlamentarische Diplomatie. 
Caprivi hatte bereits die Aussichtslosigkeit der sogenannten 
Ostmarkenpolitik erkannt und war den Polen in den besonders 
drückenden Bestimmungen der Schulgesetzgebung etwas ent- 
gegengekommen. Aus Dankbarkeit bewilligten sie dem 
deutschen Volk die deutsche Flotte, als die große Majorität 
der Deutschen selber noch nichts davon wissen wollte. Die 
historischen Erscheinungen sind manchmal komplizierter, als 
es uns auf den ersten Blick scheinen möchte. Bei dem zweiten 
Anlauf, unter dem Kanzlertum des Fürsten Hohenlohe, 
gelang es dann, eine gewisse nationale Bewegung für die 
Flotte hervorzurufen. Dabei gab es einen Zwischenfall, der 
auch hierher gehört und wohl verdient, der Vergessenheit 
entrissen zu werden. Die konservative Partei hatte zwar 
den ersten Schiffsforderungen zugestimmt, aber, wie die 
Polen, mehr aus parlamentarischer Taktik als aus innerer 
Überzeugung. Im Grunde war man in diesen Kreisen noch 
der Meinung, daß Deutschland von der Natur zu einer 
Landmacht bestimmt sei, und daß es eine Abirrung sein 
würde, die deutsche Politik auf das Weltmeer hinausführen 
zu wollen. Nicht den Export, sondern den inneren Markt, 
meinten viele Konservative, solle man pflegen; und es ist 
richtig, daß das agrarische Interesse mit dem Großhandels- 
interesse, das über die Ozeane führt, in einem gewissen 
Widerspruch steht. Durch eine Indiskretion wurde bekannt, 
das einer der Führer der Agrarier (da es allgemein in den 
Zeitungen gestanden hat, ist es jetzt keine Indiskretion 
mehr, es zu wiederholen), Herr Dr. Christian Diedrich 
Hahn, gesprächsweise beim Zentrum versucht hatte, gegen 
die Bewilligung der Schiffe Stimmung zu machen und
	        
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