Das Hinterland war vielfach das Ziel größerer Forschungsreisen, so war
1806 Hornemann von Tripolis aus in den Sudan eingedrungen und wahrschein-
lich in der Nähe des Nigers gestorben. Uber seine Reise ist nichts bekannt geworden,
da seine Aufzeichnungen verloren gingen. 16 Jahre später erreichte eine englische
Expedition unter Denham den Tschadsee und erforschte das West= und Südufer.
Durch diese Expedition wurde der Schari und das Mandaragebirge bekannt.
Großes verdankt die Entdeckungsgeschichte den deutschen Forschern. Barth, Over-
weg, Vogel sind bahnbrechend vorgegangen. Barth reiste von Kuka nach Jola,
entdeckte den Oberlanf des Benne, besuchte die Musgumländer und erreichte, durch
die Länder südlich des Tschadsees marschierend, Bagirmi. Auch Vogel hat die
Gebiete bereist, die in unsere Kolonie fallen. Rohlfs und Nachtigal, die große
Reisen im Sndan unternommen haben, haben nur verhältnismäßig geringe Teile
* die in unser Kolonialgebiet fallen. Dagegen hat Flegel weitere Gebiete
bereist.
Während so das Hinterland infolge der durch den Mohammedanismus und
das Grasland besser entwickelten Verkehrsverhältnisse genauer bekannt war, war
das Küstengebiet fast gar nicht erforscht. Im Jahre 1861,62 war der Kamernn-
berg von Burton und Mann erstiegen worden, 1872/75 hatten drei deutsche Ge-
lehrte zoologische Forschungen veranstaltet, 1883 war der Pole Rogozinsky bis
zum Barambisee vorgedrungen. Man kann also sagen, daß zur Zeit unserer Besitz-
ergreifung dicht hinter der Küste das unbekannte Land begann. Es lag dies
daran, daß das Küstengebiet unwegsam und ungesund war, der Urwald das Ein-
dringen erschwerte und die Bewohner, die einen Sperrhandel eingeführt hatten
und niemand gestatteten, von der Küste in das Innere einzudringen, eine feind-
selige Haltung zeigten. So befand sich zwischen der Küste und dem Sudan ein
völlig unbekanntes Gebiet. »
Im Jahre 1883 hatte der Reichskanzler Fürst Bismarck mit Hamburger
Kaufleuten und der Hamburger Handelskammer verhandelt, ob die Besitzergrei-
fung einer Reihe von Plätzen an der westafrikanischen Küste, wo sich deutsche
Faktoreien befanden, angebracht sei.
Der deutsche Reisende Nachtigal, der zurzeit Generalkonsul in Tunis war,
erhielt am 19. März 1884 den Auftrag, nach der afrikanischen Westküste zu reisen
und gewisse Gebiete unter deutschen Schutz zu stellen. Er war zunächst nach Togo
gegangen und hatte dort die deutsche Flagge gehißt.
Am 10. Juli sahen die Herren Schmidt und Voß, Agenten der Woermann-
faktorei in Duala, ein englisches Kanonenboot im Kamerunfluß einlaufen und
mußten natürlich annehmen, daß von seiten Deutschlands der Moment verpaßt
sei und die englische Flagge gehißt werden würde. Aber glücklicherweise befand
sich der englische Konsul nicht an Bord. Am nächsten Tage fuhr das englische
Kriegsschiff wieder ab und noch an demselben Abend traf Nachtigal auf der
„Möwe“ ein. Ohne Zögern setzte er sich mit den Häuptlingen Deido, Bell und
Akwa in Verbiudung und schloß mit ihnen einen Vertrag ab. Drei Tage später
wurde die deutsche Flagge gehißt und Kamerun dadurch auch äußerlich unter
den Schutz des Deutschen Reiches gestellt. Als provisorischer Gonverneur wurde
Dr. Buchner eingesetzt.
Die Engländer waren über dies rasche Vorgehen der Deutschen aufgebracht.
Am 19. Juli traf das englische Kauonenboot „Flirt“ mit dem Konsul Hewett an
Bord ein und erhob offiziell Protest gegen die deutsche Besitzergreifung. Nach-
tigal ließ sich dadurch nicht einschüchtern und hißte in den nächsten Tagen die
Flagge in Bimbia, Malimba und Klein-Batanga.
Die Besitzergreifung durch das Deutsche Reich am Golf von Guinea war
damit erfolgt, aber es mußte zwischen deutschen und englischen Ausprüchen eine
klare Scheidung geschehen. Seitens der englischen Kaufleute wurden alle möglichen.