I. Militärdienst. $ 187. 523
die gesetzliche Wehrpflicht die Grundlage des Militär-
dienstes®. Freiwilliger Militärdienst wird im wesentlichen nur
von Offizieren, Unteroffizieren und Militärbeamten geleistet. Die
Regelung der Wehrpflicht ist im Deutschen Reiche* durch
die Reichsverfassung und durch besondere Reichsgesetze® erfolgt.
ie deutsche Wehrpflicht ist eine allgemeine Pflicht®, sie
muß persönlich geleistet werden, jede Stellvertretung ist aus-
geschlossen’. Die deutschen Wehrpflichtigen werden zwar nicht,
wie dies beim Milizsystem der Fall ist, sämtlich in die Armee
eingestellt; aber auch die nicht eingestellten wehrpflichtigen
Personen bleiben, sofern sie überhaupt zum Militärdienst tauglich
sind, abweichend vom früheren Konskriptionssystem, der Pflicht zur
Leistung von Militärdiensten fortdauernd unterworfen.
. Wehrpflichtig sind 1. alle Reichsangehörigen®; 2. Personen,
die das Reichsgebiet verlassen, die Reichsangehörigkeit verloren,
eine andere Staatsangehörigkeit aber nicht erworben oder wieder
verloren ‚haben, wenn sie ihren dauernden Aufenthalt in Deutschland
nehmen, ferner Söhne ausgewanderter und wieder in das Deutsche
Reich zurtückgekehrter Personen, sofern die Söhne keine andere
Staatsangehörigkeit erworben haben®. — Befreit von der Leistung
i ® Wo das reine Werbesystem herrscht, setzt sich die ganze Armee ledig-
ich aus Personen zusammen, die freiwillig in den Militärdienst eintreten, wo
aeßegen den Staatsuntertanen die gesetzliche Verpflichtung zur Leistung des
Militärdienstes auferlegt ist, besteht die große Masse der Angehörigen der
iirmee aus Personen, die ihre gesetzliche Wehrpflicht erfüllen. Daneben
ommen allerdings auch hier Personen vor, die sich aus freiem Entschluß zum
Militärdienst entweder überhaupt oder über das ihnen gesetzlich obliegende
De hinaus verpflichtet haben, aber sie bilden eine verschwindende Minderzahl.
ie Meisten unter ihnen haben den Heeresdienst zum Lebensberuf erwählt
und dienen auf Avancement. .
b * Die Wehrpflicht ist eine allgemeine, wenn die ganze Bevölkerung, eine
eschränkte, wenn nur einzelne Klassen zur Leistuug des Militärdienstes ver-
Pflichtet sind. Die Wehrpflicht kann ferner so gestaltet werden, daß sie per-
sSönlich oder durch einen Stellvertreter geleistet werden kann. Die Leistung
Ir Wehrpflicht kann auch so erfolgen, daß alle oder nur ein Teil der zur
eistung des Militärdienstes befähigten Wehrpflichtigen in die Armee ein-
estellt werden. Im letzteren Falle können dann die nicht eingestellten
A ilitärpflichtigen von der Leistung des Militärdienstes völlig entbunden werden,
trotzdem sie nicht eingestellt sind, doch der Wehrpflicht unterworfen bleiben,
°0 daß ihre Einziehung im Kriegsfalle jederzeit erfolgen kann. . .
5 R.Verf. Art. 53, 57, 59. — G., betr. die Verpflichtung zum Kriegsdienste,
vom 9. Nov. 1867 (B.G.Bl. $. 181). — Reichsmilitärgesetz (R.M.G.) vom 2. Mai
1874 (R.G.Bl. S. 54). — Wehrordnung vom 22. Juli 1901, Neudruck 1904, bayr.
ehrordnung von 1889. — Heerordnung vom 22. Nov. 1888; Marineordnung
vom 12. Nov. 1894; bayr. Heerordnung von 1902. — G., betr. Anderung der
Wehrpflicht, vom I1. Febr. 1888 (R.G.Bl. $. 11) und vom 15. April 1905 (R.G.Bl.
S. 249). — Das Reichsmilitärgesetz ist abgeändert durch G. vom 6. Mai 1880,
31. März 1885, 27. Jan. 1890, 25. März 1899. IL |
. „U R.Verf. Art. 53, — Dadurch unterscheidet sich die deutsche Wehrpflicht
beispielsweise von der ehemaligen preußischen Kantonspflicht.
. Verf. Art. 59. — Dies charakterisiert die jetzige Wehrpflicht gegen-
über der Konskriptionspflicht, wie sie in den deutschen Mittel- und Kleinstaaten
ur Zeit des ehemaligen deutschen Bundes bestand.
® R.Verf. Art. 57. G. vom 9. Nov. 1867 8 1.
. ,? RM.G. $ 11. Nach Maßgabe dieser Bestimmung können Norddeutsche
die in den Vereinigten Staaten naturalisiert sind, wenn sie nach Deutschland