Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$ 7. Die Selbstverwaltungskörper. 113 
erheblich erweitert.” Bei der Entscheidung der Frage, ob die 
Volksschule Staatsanstalt oder Gemeindeanstalt sei, darf nicht 
auf ein einziges Moment abgestellt werden, z. B. darauf, ob der 
Beamte von einer Staats- oder aber von einer Gemeindebehörde 
angestellt worden ist.* Maßgebend bleibt allein, zu welchem 
Kreise (Staat oder Gemeinde) die Organfunktionen des Beamten 
gehören.’** Dies aber läßt sich nur bestimmen an Hand der histo- 
rischen Entwicklung und der ganzen geltenden Schulgesetzgebung 
des einzelnen Staates. 
Die Verwaltungsgeschäfte des ‚übertragenen Wirkungskreises‘“ 
sind der Gemeinde als solcher übertragen. Sie führt sie mit 
ihren eigenen Gemeindebeamten; für den Gemeindebeamten ist 
es gleichgültig, ob er eigene Angelegenheiten der Gemeinde oder 
übertragene staatliche Geschäfte besorgt. Er bleibt auch im 
„übertragenen Wirkungskreis“ Organ der Gemeinde und ist 
3 Preuß, Städt. Amtsrecht in Preußen, S. 235ff., 25l. Bitter, 
Handwörterbuch der preuß. Verwaltung, Art. ‚Schulgesetzgebung‘“, 
‚„Schulunterhaltung‘‘, II S. 421, 426. Anschütz, Verfassungsurkunde 
für den Preußischen Staat, I (1912) S. 364ff. Gradenwitz, im Preuß. 
Verw.Bl. XXXV 21. Preuß. OVG 20. Mai 1913 (ebendaselbst XXXV 28). 
3 Preuß, Städt. Amtsrecht in Preußen, S. 208ff. — Das Nor- 
male ist die Anstellung des Beamten durch einen Willensakt der Kor- 
poration, deren Organ der Berufene werden soll. Das ist ein naturale 
des Verhältnisses, aber kein essentiale.. Denn relevant ist nur, daß eine 
Korporation Organe habe; wer diese Organe beruft, ist eine Frage für 
sich. Der bayrische Verwaltungsgerichtshof behauptet, die aus Ge- 
meindemitteln unterhaltenen städtischen Realschulen und pfälzischen 
Volksschulen seien in „finanzrechtlicher Beziehung‘‘ Gemeindeanstalten, 
in allen übrigen Beziehungen aber Staatsanstalten. Urt. v. 28. Okt. 1896 
und 24. April 1901 (Sammlung von Entscheidungen des Kgl. bayr. Ver- 
waltungsgerichtshofs XVIII S. 38, XXII S. 131). Eine solche Unter- 
scheidung löst die Frage nicht; die Schwierigkeit wird einfach um- 
gan gen. 
%4a Die Frage wird vor allem bedeutungsvoll, wenn es sich um die 
Beurteilung des Bedenkens handelt, ob der durch ein Verschulden eines 
Volksschullehrers (mangelhafte Beaufsichtigung der Schulkinder u. dgl.) 
Geschädigte seine Schadenersatzklage gegen die Gemeinde oder aber 
gegen den Staat (s. unten S. 265) zu richten hat. Für das preuß. Recht 
Reichsgericht i. Civils. Bd. 80, S. 338. Anschütz, Preuß. Verfassungs- 
urkunde I 8. 418fg. W. Rau, Haften in Preußen der Staat oder die 
Gemeinden für die von Volksschullehrern in Ausübung öffentlicher Gewalt 
began grenen Amtspflichtverletzungen? Heidelberg. Dissertation 1913. 
Flei ner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts. 3. Aufl. 8
	        
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