Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Hausgesetzes bedarf. Jene Vorschrift des a 14 BA 
ist besonders beachtenswert für die Frage, ob in 
einer standesherrlichen Familie eine Mißheirat 
stillschweigend und durch konkludente Handlungen 
der Agnaten in eine ebenbürtige Ehe umgewandelt 
werden kann. Erscheint an sich ein Hausgesetz 
solchen Inhalts auch durch stillschweigende Ver- 
einbarung denkbar, so würde doch das Erfordernis 
der Vorlegung an den Landesherrn nicht gewahrt 
sein. Es müßte also schon ein entsprechendes Ge- 
wohnheitsrecht in der betreffenden Familie ent- 
wickelt sein, vgl. Loening 63 Anm. 1. 
Literatur. Sehr ausführliche Literaturangaben bei 
Gierke, Deutsches Privatrecht, Band I, 142 ff zu # 19: Die 
autonomische Satzung, ferner zu 3 47: Der hohe Adel 397 ff. 
Außer den dort angeführten Werken kommen vornehmlich in 
Betracht die Denkschriften über „Die A. der standesherrlichen 
Häuser Deutschlands nach dem Rechte der Gegenwart“ von 
Loening 1905, und „Die standesherrliche A. im heutigen 
deutschen bürgerlichen Recht“ von Oertmann 1905, 
beide unter Angabe und Berücksichtigung der gesamten 
älteren Literatur. Beachte bei Oertmann namentlich auch 
Teil III: „Besonderheiten der Landesgesetze“ 150 ff. Aus 
jüngster Zeit Goldschmidt, Die Sopnderstellung der 
Mediatisierten Preußens nach dem öffentlichen Rechte Preu- 
ßens und des deutschen Reiches (1909), ferner Heß, 
Der Einfluß des Bß auf die Autonomie der deutschen 
Standesherren in theoretischer und praktischer Beziehung, 
1909, endlich H. Kinne, Die Autonomie der Kommunalver= 
bände in Preußen, 1908. Die wichtigsten Quellenwerke für 
die A. des Hochadels sind H. Schulze, Die Hausgesetze 
der regierenden deutschen Fürstenhäuser, 3 Bde., 1862— 
1882; von Zangen, Die Verfassungsgesetze usw. 1, 
1828 S 216—640; Bd. 3, 1836 S 213—258; ferner die 
Uebersichten bei Kohler, Die standesrechtlichen Ver- 
hältnisse des mittelbar gewordenen Adels 216 ff und bei 
Klüber, Bundesstaatsrecht # 316. Schücking. 
Baden 
(Großherzogtum) 
Bundesrat 3 Stimmen; Reichstag 14 Abgeordnete 
Größe 15068 qkm (mit der zu Baden gerechneten 
Bodenseefläche 15 250 qkm) — Einwohner 2010 728 
(1905), auf 1 qkm 134 Einwohner. 
Etat 212 525 415 Mk. (Finanz Ges für 1910 u. 1911) 
A. Staatsrecht, Entwicklung (S. 298); 
B. Behördenorganisation (S. 302). 
A. Staatsrecht, Entwichlung 
4 1. Die Territorialbildung im älteren Reiche. 
#. 2. Die Entwicklung zum Großherzogtum. 4 3. Ent- 
stehung der badischen Verfassung. # 4. Fortentwicklung der 
Verfassung. #5. Die heutige Verfassung. # 6. Der kon- 
stitutionelle Gedanke auf dem Gebiete der Verwaltung: 
Selbstverwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit. 
#5 1. Die Territorialbildung im älteren Reiche. 
Die Entwicklung des badischen Staatsgebietes 
hängt zunächst eng zusammen mit der Geschichte des 
zähringischen Fürstenhauses. Eine sichere Genca- 
  
  
Autonomie — Baden 
logie desselben beginnt mit Berthold I. dem Bär- 
tigen, welcher neben anderen Besitzungen und 
Aemtern in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts 
(seit 1028) auch die Grafschaft im Breisgau inne- 
hatte Er erlangte im Jahre 1061 das Herzogtum 
Kärnthen mit der Markgrafschaft Verona. Ob- 
wohl er diese Länder nicht zu behaupten ver- 
mochte, bildeten sie doch die Grundlage für die 
von ihm und seiner Familie geführten Titel „Her- 
zog“ und „Markgraf“. 
Die, wie jetzt festgestellt ist, jüngere Linie, be- 
ginnend mit Berthold II., ist die der Herzöge von 
Zähringen, so genannt von der Verbindung des 
Herzogtitels mit der Stammburg Zähringen. Ihr 
siel der größte Teil der Familiengüter im Breis- 
gau, nicht aber die Grafschaft in demselben zu. 
Sie starb schon 1218 mit Berthold V. aus und ihr 
Besitz ging dem agnatischen Gesamthause zu gun- 
sten verschwägerter Linien, namentlich der Grafen 
von Urach, verloren. Der älteste Sohn Bertholds I., 
Hermann I., war bereits 1074 vor seinem Vater 
verstorben; sein Sohn Hermann II. bezog den 
Titel „Markgraf“ auf seine Burg B. im Ufsgau und 
nannte sich „Markgraf von Baden“. In seinem Ge- 
schlechte wurde die Grafschaft (Markgrasschaft, 
später Landgrafschaft) im Breisgau erblich, welche 
die Grundlage für die Entwicklung der Landes- 
hoheit in den badischen Territorien des Breisgaus 
abgegeben hat. Daneben hatte Hermann II. auch 
einige breisgauische Eigengüter in der Gegend 
desl Schlosses Hachberg (Hochberg, Hochburg) er- 
alten. 
Um das Jahr 1190 fand eine erste Teilung der 
markgräflichen Linie statt. Der älteste Sohn Her- 
manns IV., Hermann V., übernahm die badischen 
Hauptlande mit der Stammburg B., während dem 
jüngeren Heinrich I. die breisgauischen Besitzungen 
zufielen. Diese letztere Linie führte später aus- 
schliehlich den Titel „Markgraf von Hachberg,“ 
zweigte aber wiederum um 1306 eine jüngere 
Linie von sich ab, welche sich von dem Schlosse 
Sausenberg im oberen Breisgau als „Markgrafen 
von Sausenberg" bezeichnete. Diese Speziallinie 
vermehrte ihren Besitz namentlich durch Erwerb 
der Herrschaften Rötteln und Badenweiler. 
Mit der Zeit zog die Hauptlinie der Markgrafen 
von B. die erweiterten Besitzungen der abgezweig- 
ten Linien wieder an sich. Zunächst fielen mit dem 
Aussterben der hachbergischen Speziallinie im 
Jahre 1420 deren Herrschaften Hachberg und Uesen- 
berg infolge eines im Jahre 1415 geschlossenen 
Kaufvertrages ihr wieder zu und ebenso erwarb 
sie mit dem Aussterben der sausenbergischen 
Speziallinie 1503 deren obengedachte Besitzun- 
gen auf Grund des im Jahre 1490 geschlossenen 
sogen. röttelnschen Gemächdes (Erbvertrages). 
Auf solche Weise hatte sich ein ansehnliches, wenn 
auch zersplittertes landesherrliches Territorium in 
der Hand des markgräflich-badischen Hauses ver- 
einigt, zumal auch die badische Hauptlinie ihre 
Besitzungen inzwischen, namentlich durch Erwerb 
von Teilen der Grasschaften Eberstein und Spon- 
heim, vermehrt hatte. Doch blieb ihm das Schick- 
sal erneuter Teilung nicht erspart, welche durch 
das Testament Markgraf Christophs von 1515 ein- 
geleitet wurde. 
Auf Grund desselben und eines im Jahre 1535 
geschlossenen Teilungsvertrages zweiten sich nun- 
mehr die beiden Linien der Markgrafen von Baden- 
 
	        
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