Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Heilige Sachen — Heilpersonal 
der Vorbehalt des EG z. 8PO 8 15 g. 3 Platz. 
Ueber die einschlägigen Ausführungsgesetze vgl. 
Friedberß a. a. O. 584 17. Weiter kommt hier der 
Vorbehalt des Es z. KO a lV in Betracht. Vgl. 
darüber Friedberg 585 1½. Diese Vorbehalte spie- 
len übrigens für die zum Kirchenvermögen ge- 
hörenden res sacrae keine Rolle (AM Friedberg), 
insofern sie durch die einschneidenderen Extra- 
kommerzitätsbestimmungen überholt sind. Wohl 
aber werden sie bedeutsam, wenn von seiten der 
letzteren ein Hindernis nicht mehr im Weg steht. 
II. Der strafrechtliche Schug, den das 
kanonische Recht für die h. S. entwickelt hat, liegt 
in der Sakrilegiumsgesetzgebung. „Sacrilegium 
committitur auferendo sacrum de sacro vel non 
sacrum de sacro sive sacrum de non sacro“ 
c. 21 C. 18 q. 4 5#(#1, vgl. auch c. 22 X 5, 39. Mit 
dem weiteren Begriff des sacrilegium haben wir 
es hier nicht zu tun. Wohl aber sind die zum katho- 
lischen Gottesdienst bestimmten, wenn auch noch 
nicht geweihten Sachen den Kirchen und Kirch- 
höfen gleichgestellt (Hinschius 4, 169). Das sacri- 
legium war im Mittelalter ein delictum miarti fori. 
Die moderne Gesetzgebung hat auch hier ihre Be- 
stimmungen nicht von dem Konsekrationscharak- 
ter, sondern von dem gottesdienstlichen Zweck aus 
getroffen (vgl. StG B 5243 Nr. 1, 304, 306 u. 309). 
Hiernach wird a) der Diebstahl von Gegenständen, 
„welche dem Gottesdienst gewidmet sind“, „aus einem zum 
Gottesdienst bestimmten Gebäude“ als schwerer Diebstahl 
mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren bedroht. Ein Unterschied 
zwischen öffentlichem und Privatgottesdienst ist nicht ge- 
macht (1 243 Nr. 1). d) Die vorsätzliche und rechtswidrige 
Beschädigung oder Zerstörung von „Sachen, 
die dem Gottesdienst gewidmet sind“, oder von Gegenstän- 
den der Verehrung einer im Staate bestehenden Religions- 
gesellschaft, desgleichen von Grabmälern wird als schwere 
Sachbeschädigung mit Gesängnis bis zu 3 Jahren oder mit 
Geldstrafe bis zu 1500 Mk. bestrast. Auch kann auf Verlust 
der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden (1 304). c) We- 
gen Brandstiftung wird mit Zuchthaus bestrast, wer 
vorsätzlich „ein zu gottesdienstlichen Versammlungen be- 
stimmtes Gebäude"“ in Brand setzt (3 306). Ueber die fahr- 
lässige Brandstiftung vgl. 1 300. d) Beschimpfender 
Unfug in einer Kirche oder an einem anderen zu religiö- 
sen Bersammlungen bestimmten Ort, desgl. Erreg ung 
von Lärmoder Unordnung daselbst während des 
Gottesdienstes wird mit Gesängnis bis zu 3 Jahren be- 
straft (# 166, 167. Weitergehende bayer. Bestimmungen 
bei Stingl o72 s). 
Ziteratnr: Friedberg, Lehrb. des Kirchen- 
rechts 1909 S ö581 ff; Hinschius, R IV. 1. Abt. 1886; 
Kormaun, Die kirchenrechtlichen Beräußerungsbeschrän- 
kungen beim kath. Kirchengut und das bürgerliche Recht, 
1907 (bier weitere Literatur); Meurer, Der Begriff und 
Eigentümer der h. S., 2 Bde, 1885 (dort die ältere Literatur); 
Richter. Dove, KRK?; Stingl, Bestimmungen des bayer. 
Staates über die Verwaltung des kath. Pfarramts diesseits 
des Rheins'. Weitere Literatur bei den Art. Kirchengebäude 
und Kirchenglocken. Mernrer. 
—.... 
Heilpersonal, niederes 
Erztliches Hilfspersonal) 
1 1. Stellung im allgemeinen. 1 2. Ausbildung und Be- 
sähigungsnachweis. a) Heilgehilfen (Bader), Masseure und 
  
383 
– " 
— — — — E 
Masseusen. d) Krankenpfleger und Krankenpflegerinnen. 
* 3. Ausübung der Berufstätigkeit, Standesorganisation. 
IA= Arzt; 5G — Heilgehilse und Heilgehilfin; HP Heil- 
personal und Heilpersonen; Krfl —= Krankenpfleger und 
Krankenpflegerinnen; Med — Medizinal.] 
# 1. Begriff und Stellung im allgemeinen. 
Unter „niederem Heilpersonal“ ver- 
steht man allgemein das ärztliche Hilfspersonal auf 
dem Gebiete der Krankenbehandlung und Kran- 
kenpflege. Außer Heilgehilfen (Badern), Masseu- 
ren und Masseusen, Hühneraugenoperateuren, 
Krankenpflegern und Krankenpflegerinnen, Dia- 
konissen und Diakonen, barmherzigen Schwestern 
und Brüdern, Gemeindepflegerinnen usw. gehö- 
ren hierher auch die Hebammen und Wochenbett- 
pflegerinnen (Hebammenl]. Von mancher 
Seite werden auch die Gesundheitsaufseher, Des- 
infektoren und Leichenschauer dem niederen HP 
zugerechnet; dies ist jedoch nur dann berechtigt, 
wenn sie gleichzeitig die Tätigkeit von HG oder 
Masseuren ausüben, was allerdings häufig der 
Fall ist; im übrigen sind sie Hilfspersonen der Ge- 
sundheitsbehörden [] und nicht der Aerzte. 
Anders liegen die Berhältnisse betrefss der früher im 
Deutschen Receiche zahlreicher als jetzt vertretenen sog. Wund- 
ärzte II. und III. Klasse, die in der niederen Pharmazie 
ausgebildet sind und diese in gewissem Umfange, besonders 
an Orten, wo kein A ansässig war, ausüben dürfen. Sie bilden 
gleichsam eine Zwischenstuse zwischen A und 90, können 
hier aber unberücksichtigt bleiben, da seit sast 40 Jahren 
keine derartigen Wundärzte mehr ausgebildet werden und 
diese demzufolge im Aussterben begriffen sind. 
Die Berufstätigkeit des niederen HP war früher 
in allen Bundesstaaten durch landesgesetz- 
liche Vorschriften in der Weise geregelt, daß die 
betreffenden Personen ein Prüfungszeugnis be- 
sitzen mußten, das sie aber nur zur Vornahme 
von einigen einfachen Verrichtungen wie Schröp= 
f#een, Blutegelsetzen, Hühneraugenschneiden, An- 
legen kleinerer Verbände usw. befähigte; im übri- 
gen hatten sie sich bei der Behandlung und Pflege 
von Kranken lediglich nach den ärztlichen An- 
ordnungen und Anweisungen zu richten. Durch 
die Reichsgesetzgebung (Gewd) ist eine 
völlige Aenderung eingetreten; denn mit der 
Freigabe der Peilkunde ist auch die des niede- 
ren Heilgewerbes erfolgt, so daß jetzt jeder zu dessen 
Ausübung ohne Befähigungsnachweis oder be- 
hördliche Erlaubnis berechtigt ist. Er darf sich auch 
„Heilgehilfe“, „Masseur“ usw. nennen, da deren 
Bezeichnungen nicht wie die des Arztes geschützt 
sind. Nur in Bayern ist nach a 127 PolSt GB 
und der Kal V v. 21. 3.99 (GBBl lll) auch heute 
noch die unbefugte Führung des Titels „Bader“ 
oder eines ähnlichen Titels, durch den der Glaube 
erweckt wird, der Inhaber sei ein approbierter 
Bader, mit Geldstrafe bis 150 Mk. bedroht. In 
anderen Bundesstaaten ist nur der Zusatz „st aat- 
lich geprüft"“ für diejenigen verboten, die 
eine staatliche Prüfung nicht bestanden haben. 
Die Freigabe des niederen Heilgewerbes hatte 
naturgemäß die Folge, daß es von unfähigen oder 
nur mangelhaft ausgebildeten Personen ausgeübt 
wurde, die außerdem oft in moralischer Hinsicht zu 
großen Bedenken Anlaß gaben und mit Vorliebe 
Kurpfuscherei trieben. In den meisten Bundes- 
staaten wurden allerdings nach wie vor Prüfungen
	        
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