Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Gemeindemitglieder (Preußen) 
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gewinngeld, zu zahlen: # 28. Alle männlichen 
Bürger haben im übrigen den Bürgereid zu leisten, 
an dessen Stelle für Frauen das Gelöbnis treuer 
Erfüllung ihrer Bürgerpflichten tritt: § 30. Ver- 
loren geht das Bürgerrecht durch Verzicht, der 
jedoch nur dann zulässig ist, wenn eine Verpflich- 
tung zu seinem Erwerbe nicht vorliegt, und durch 
Fortziehen aus dem Stadtgebiet. In diesem letzte- 
ren Falle kann es gewahrt werden entweder durch 
fortdauernde „Ansässigkeit“ mit Grundbesitz oder 
Gewerbebetrieb oder aber, sofern ein Bürger- 
gewinngeld dafür gezahlt wurde, durch Entrich- 
tung einer jährlichen Abgabe, deren Ur terlassung 
während dreier Jahre den Magistrat berechtigt, 
den Verlust des Bürgerrechts auszusprechen: 
§55 32 und 33. Der Inhalt des so bedingten Bür- 
gerrechts besteht zunächst nur in dem Recht zur 
Teilnahme an den Gem Nutzungen (5 20), sowie 
in der Pflicht zur Leistung der damit verbundenen 
Dienste (§F 15) und Uebernahme städtischer Ehren- 
ämter mit Ausnahme dessen eines Bürgervor- 
stehers (§§ 31 und 85), dagegen berechtigt es nicht 
ohne weiteres zum Stimmrecht bei den Gem- 
Wahlen. Hierzu sowie zu dem Amte eines Bür- 
gervorstehers sind vielmehr nur die sogen. stimm- 
fähigen Bürger berufen, als welche diejenigen 
25jährigen, im Besitze der Ehrenrechte befindlichen 
und im Stadtbezirk wohnenden Bürger gelten, 
welche entweder als Hausbesitzer zur Gebäude- 
steuer oder aber von sonstigem Einkommen zu 
einem Steuersatze von mindestens 4 Mk. veran- 
lagt sind: St O §83 und Einkommensteuer G #77. 
Ausgeschlossen ist, wer unter Kuratel oder in 
Kost und Lohn eines anderen steht, in Konkurs 
befangen ist, öffentliche Armenunterstützung erhält 
oder die im letzten Jahre empfangene noch nicht 
erstattet hat, und ferner diejenigen, bezw. deren 
durch Gem Beschluß festgestellt ist, daß sie infolge 
einer Bostrafung oder unsittlichen Handlung der 
öffentlichen Achtung verlustig gegangen sind: 
5 83 und 84. 
2. Landgemeindeordnung West- 
falen und Rheinprovinz. Eine ge- 
wissc Aehnlichkeit hiermit zeigen die LO für 
W. u. Rh. Wie nach StO Ha. die 3 Klassen der 
Einwohner, der Bürger und der stimmberechtigten 
Bürger, so werden in den Land Gem in W. und Rh. 
Gem Angehörige, Gem Mitglieder und Gem Berech- 
tigte (lin Rh.: Meistbeerbte) unterschieden, 
welch letztere allein stimmberechtigt sind, während 
den Gem Mitgliedern lediglich die Teilnahme an 
den Gem Nutzungen zusteht: Rh. 517, W. 7 52. 
Gem Mitglieder sind im übrigen alle selbständigen 
Gem Angehörigen und solche Auswärtige, welche 
im GemBezirk mit einem Wohnhause angesessen 
sind, sowie außerdem in Rh. noch diejenigen, 
denen das Gemecht besonders verliehen ist: 
Rh. Is 12 und 36, W. 5 14. Als GemBerechtigte 
oder Meistbcerbte werden dagegen nur diejenigen 
Gem Mitglieder bezeichnet, welche außerdem nach 
den oben (5 2) aufgezählten Erfordernissen ge- 
nugen, vor allem also in der Gem selbst ihren 
Wohnsitz haben. Eine Reform steht bevor. 
3. Landgemeindeordnung Han- 
nover. Am schärfsten ist das Prinzip der Bürger- 
resp. Grundbcsitzer-Gem in der LO Ha. aus- 
geprägt. Hier regelt sich das „Stimmrecht“ zu- 
nächst nach der etwa bestehenden Stimmordnung, 
  
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in deren Ermangelung oder bei deren Abänderung 
die folgenden Vorschriften Platz greifen. Als 
stimm- und damit gemeindenutzungsberechtigt 
gelten zunächst ohne Rücksicht auf Geschlecht oder 
Wohnsitz alle, die in der Gem ein Gut, einen Hof 
oder ein Wohnhaus eigentümlich oder nießbräuch-- 
lich besitzen, mit Einschränkungen sogar die sogen. 
Ausmärker, d. h. Auswärtige, die im Bezirk 
auch nur unbebauten Grundbesitz haben, daneben 
dann allerdings auch alle selbständigen (§ 4) 
männlichen Einwohner, sofern sie im Besitz der 
bürgerlichen Ehrenrechte und auch sonst unbe- 
scholten sind: §§ 8—10, 65. Der Grundbesitz ist 
auch maßgebend für die Klasseneinteilung der 
Stimmberechtigten zur Regelung des Stimmver- 
hältnisses, und das Stimmrecht der Grundbesitzer 
ist stärker als das der Anderen: & 17. Das auf dem 
Grundbesitz beruhende Stimmrecht kann ferner 
unter gewissen Bedingungen durch Bevollmäch- 
tigte, das der Ansässigen dagegen nur in Person 
ausgeübt werden: &5 12 ff. Im übrigen setzt die 
Ausübung des Stimmrechts voraus, daß der Be- 
treffende zu den Gem Lasten beiträgt und damit 
nicht im Rückstande ist. Sind gewisse Klassen 
der Gen Mitglieder durch genehmigungspflichti- 
gen Beschluß von der Teilnahme an den Gem- 
Lasten befreit, so ruht ihr Stimmrecht, solange ihre 
Mehrheit mit der Befreiung einverstanden ist: & 11. 
Wählbar zu Gem Aemtern sind nur diejenigen 
Stimmberechtigten, welche die von den nicht- 
ansässigen Wählern geforderten persönlichen Eigen- 
schaften besitzen: #& 25. 
#sg4. Foreusen, juristische Personen; Ehren- 
bürger. I. Zum vollen Bürger= d. h. zum 
Stimm= bezw. aktiven und passiven Wahlrecht 
werden also nur solche physischen Personen zuge- 
lassen, die in der Gem ihren Wohnsitz haben. Als 
einzige und auch nur teilweise Ausnahme hiervon 
war die Vorschrift der LGO Ha. festzustellen, wo- 
nach auswärtige Gem Mitglieder zwar nicht zu 
den GemAemtern wählbar, wohl aber stimmbe- 
rechtigt sind. Hängt diese Ausnahme aber mit der 
besonderen Bevorrechtigung der Grundbesitzer 
zusammen, durch welche sich die LGO Ha. über- 
haupt auszeichnet, so findet sich ein Stimm= bezw. 
aktives Wahlrecht solcher Personen, die nicht in 
der Gem wohnen, auch in einer Reihe anderer 
Gem esetze, allerdings in wesentlich abgeschwäch- 
ter Gestalt. Was dieses Stimmrecht von dem der 
Loa Ha. grundsätzlich unterscheidet, ist zunächst 
der Umstand, daß die damit Begabten durch eben 
diese Berechtigung keineswegs Bürger, ja nicht 
einmal Angehörige der Gem werden und dem- 
gemäß auch zur Mitbenutzung der Gem Anstalten 
ebenso wie zur Teilnahme an den Gem asten nur 
insoweit berechtigt bezw. verpflichtet sind, als sich 
das aus der Tatsache ihres Grundbesitzes oder 
Gewerbebetriebes im Gem Bezirk ergibt. Dazu 
kommt, daß das nunmehr zu behandelnde Stimm- 
recht an erheblich schärfere Bedingungen geknüpft 
ist, als das der stimmberechtigten Gem Mitglieder 
nach L#O Ha. Es ist nämlich, sofern die übrigen 
Voraussetzungen des Bürgerrechts erfüllt sind, 
auch ohne Wohnsitz in der Gem zur Teilnahme an 
den Wahlen berechtigt: 
nach StO O. u. W. #8, H.-N. 5 10:; wer seit 
einem Jahre mehr als einer der 3 höchstbesteuerten 
Gem Angehörigen sowohl an direkten Staats- 
wie an direkten Gem Steuern entrichtet; 
nach LGO O., S.-H. § 45, H.-N. und Gem-O 
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