Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Oeffentliche Anstalt 1 
  
Oeffentliche Anstalt 
1. Begriff der öffentlichen Anstalt. 5 2. Quellen des 
Rechts der öffentlichen Anstalt. 53 3. Ihre Kennzeichen. 
5 4. Ihre Immunität und Exemtion insbesondere. 
1. Begriff der öffentlichen Austalt. 
90s ist ein weitester, weiterer und engerer 
Begriff zu unterscheiden. 
Oe. A. im weitesten Sinn ist gleich- 
bedeutend mit öffentlicher Veranstaltung, bedeutet 
also eine zu einem bestimmten öffentlichen Zweck 
von einer Person des öffentlichen Rechts oder 
dem Inhaber eines „öffentlichen Unternehmens“ 
hergerichtete Gesamtheit von Mitteln sachlicher 
oder persönlicher oder gemischter Art. Oe. A. 
in diesem weitesten Sinn sind etwa militärische 
Veranstaltungen, wie z. B. eine militärische 
Parade. Oe. A. in diesem weitesten Sinn ist 
ferner die Sitzung einer Behörde oder einer ge- 
setzgebenden Körperschaft. 
Oe. A. im weiteren Sinn ist nur die- 
jenige, die ein gewisses persönliches Substrat, 
„Anstaltszugehörige“, und demgemäß Anstalts- 
gewalt (vgl. u. 8 3) besitzt. Die Anstaltszugehörig- 
keit bildet nicht ein genossenschaftliches Mitglied- 
schaftsverhältnis, kann aber im übrigen ebensowohl 
ein positives über den Gemeingebrauch hinaus- 
gehendes Nutzungsverhältnis sein — so bei der 
„nutzbaren öffentlichen Anstalt“" —, wie auch ein 
rein passives Zugehörigkeitsverhältnis — so 
namentlich bei Gefangenenanstalten oder Zwangs- 
erziehungsanstalten. 
Oe. A. im engeren Sinn ist nur die 
nutzbare 5. A. Sie bildet die wichtigste 
Art und diejenige, deren Abgrenzung von anderen 
Gebilden am schwierigsten und zugleich praktisch 
am bedeutsamsten ist. Während bei den anderen 
5. A. ihre Zugehörigkeit zum öffentlichen Recht 
* offensichtlich ist, können bei der nutzbaren 
häufig Zweifel über ihre rechtliche Natur 
WWns- die Abgrenzung ist namentlich nach 
zwei Richtungen vorzunehmen. 
Zunächst gegenüber einfachen gewerblichen 
Unternehmungen öffentlicher Gemeinden. Die 
Nutzungen, die die 5. A. bietet, sind für die Regel 
inhaltlich dieselben, die auch von gewerblichen 
Unternehmungen geboten werden können; das 
Nutzungsverhältnis wird ferner regelmäßig auf 
einen Antrag des Benutzers hin durch einen Zu- 
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch. 
  
2. Aufl. 
lassungsakt der Anstalt oder des Anstaltsherrn 
begründet, wodurch eine äußerliche Aehnlichkeit 
mit der privatrechtlichen Rechtsfigur des Vertrags- 
antrags und der Vertragsannahme entsteht; 
häufig ist auch, daß der Benutzer eine finanzielle 
Gegenleistung zu machen hat, wodurch ebenfalls 
eine äußerliche Aehnlichkeit mit der privatrechtlichen 
Rechtsfigur des gegenseitigen Vertrags entsteht. 
Trotz dieser inhaltlichen Gleichartigkeit und trotz 
dieser äußerlichen Aehnlichkeiten müssen gewerb- 
liche Unternehmungen öffentlicher Verbände und 
5. A. scharf voneinander geschieden werden. Die 
Abgrenzung kann nicht von vornherein und allge- 
mein getroffen werden, sondern hängt ab von der 
Ausgestaltung, die die Rechtsverhältnisse des recht- 
lich zu prüfenden Unternehmens im einzelnen 
gefunden haben: der gewerblichen Unternehmung 
stehen nur diejenigen Rechtsformen zur Ver- 
fügung, die jeder Gewerbetreibende zur Ver- 
fügung hat, d. h. die des Privatrechts, während 
für die ö. A. jene eigenartigen öffentlichrechtlichen 
Formen kennzeichnend sind, die in & 3 kurz skiz- 
ziert werden sollen. 
Nach den gleichen Gesichtspunkten ist die Unter- 
scheidung zu vollziehen zwischen „öffentlichen An- 
stalten“ und „öffentlichrechtlichen Anstalten"“. Im 
Gegensatz zur „öffentlichen“ Anstalt versteht man 
unter „öffentlichrechtlicher“ Anstalt eine solche, 
die zwar wie jene öffentlichrechtlich organisiert 
ist, die aber nicht auch öffentlichrechtlich genutzt 
wird, deren Geschäftsverkehr sich also nicht in den 
Formen der Nutzung der ö. A., sondern in den 
Formen und grundsätzlich unter Beschränkung 
auf die Mittel des Privatrechts vollzieht, wobei 
übrigens mancherlei Abstufungen in der Annähe- 
rung an die Rechtsstellung einer ö. A. in ihrem 
Verhältnis zu den Anstaltsbenutzern möglich sind. 
Den Hauptfall dieser öffentlichrechtlichen Anstalten 
bilden die zahlreichen und mannigfachen öffentlich- 
rechtlichen Kreditinstitute, außer der Reichsbank 
IX/] etwa die provinziellen und kommunalen 
Pfandbriefämter, die für den ländlichen Grund- 
besitz geschaffenen alten landschaftlichen [JI und 
ritterschaftlichen Kreditinstitute usw. 
Unerheblich für den Begriff der ö. A., 
insbesondere auch der nutzbaren ö. A. ist ihre 
Rechtsfähigkeit. Es gibt solche mit Rechts- 
fähigkeit, die „selbständigen öffentlichen Anstalten“, 
und solche ohne Rechtsfähigkeit, die „unselbstän- 
digen öffentlichen Anstalten“; die letzteren über- 
wiegen. Selbständige sind beispielsweise die Trä- 
III. 1 
 
	        
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