Object: Preußisches Staatsrecht.

54 8 2. Das Staatsrecht des Allgemeinen Landrechts. 
vollstreckung (II 17, $ 17). Die vollziehende Macht 
definierte Suarez in den „Aphorismen“ als das „Sou- 
veränetätsrecht“, welches „das Recht in sich begreift, 
die Beschlüsse der gesetzgebenden Macht zur Aus- 
führung zu bringen und die Mitglieder des Staates zu 
deren Befolgung anzuhalten“. Doch erschöpft diese 
Definition auch schon zur Zeit des A.L.R. in Wahrheit 
nicht die mit der „vollziehenden Macht“ gemeinte Staats- 
funktion. Schon damals bestand die der gesetzgeben- 
den und der richterlichen Macht gegenüberstehende, 
früher „vollziehende Macht“, neuerdings „Verwaltung“ 
genannte Staatsfunktion in dem freien, vom Zweck- 
mäßigkeitsgedanken beherrschten, wenn auch inner- 
halb der Schranken der Rechtsordnung sich bewegen- 
den Verfolgen der staatlichen Aufgaben, und eine 
„Vollziehung“ des Gesetzes fand dabei nur insofern statt, 
als die durch den Rechtssatz gewährte Befugnis als 
Machtmittel zur Erreichung eines bestimmten Erfolges 
verwendet ward. Der Richter war streng an die Rechts- 
norm gebunden; er war schuldig, nur sie zur Richt- 
schnur seiner Entscheidung zu nehmen, und hatte ledig- 
lich ihren Willen konkret zu formulieren. Um den 
Richter zu verhindern, daß er seine Willkür an die 
Stelle der Gesetze setze, waren bestimmte Kautelen 
vorgesehen. Der Richter war verpflichtet ($$ 47, 48 
Einl), falls er den eigentlichen Sinn des Gesetzes 
zweifelhaft finde, die Entscheidung der Gesetzkom- 
mission zu extrahieren und bei seinem folgenden Er- 
kenntnis in der Sache zugrunde zu legen; auch sollte 
nach $ 11 Patent von 1781 die Entscheidung der Gesetz- 
kommission „in künftigen dergleichen Fällen zur Richt- 
schnur dienen“. Erst 1798 wurde die Befugnis der Gesetz- 
kommission zur authentischen Gesetzesinterpretation 
beseitigt und dem Richter die Freiheit, selbst dunkle 
Gesetze auszulegen, wiedergegeben. Andererseits be- 
stand auch für die im Dienst der „vollziehenden Macht“
	        
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