Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1848. (9)

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Art. 248. 
Ist das Urthell wegen Verletzung ei- 
nei wesentlichen Förmlichkeit des Processes 
vernichtet worden, so sind folgende Flle 
zu unterscheiden: 
1) Wenn die Formverletzung noch vor 
erfolgtem Wahrsforuche der Geschwor- 
nen begangen worden ist, so wird die 
Sache nach dem Ermessen des Ge- 
richtshofes entweder an das Schwur- 
gericht eines andern Appellationsge- 
richtsbezirkes oder in die nächste Si- 
bung desselben Schwurgerichtöhofes, 
welcher das frühere Urtheil erlassen 
hat, zur nochmaligen Verhandlung 
und Entscheidung verwiesen. 
Jedoch kann in dem letzteren Falle 
in das neu zu bildende Schwurgericht 
keiner der Geschwornen eintreten, wel- 
cher Mitglied des früheren Schwur- 
gerichtes war. 
Auch kann der Schwurgerichtshof 
nur aus solchen Richtern bestehen, 
welche an der vorigen Aburtheilung 
keinen Theil genommen haben. Zu 
diesem Ende können nöthigenfalls zur 
Bildung des Schwurgerichtshofes Mit- 
glieder des Appellationsgerichtes ab- 
geordnet werden. 
Die neue Verhandlung findet auf 
den Grund des Verweisungserkennt- 
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nisses und der früheren Anklageschnft 
statt. 
2) Ist dagegen die Formverletzung eist 
nach erfolgtem Wahrspruche der Ge- 
schwornen vorgekemmen, so wird die 
Sache gleichfälls nach Ermessen des 
Gerichtehotes an die nächste Schwur= 
gerichrssitzung besselben oder eines an= 
deren Appellationsgerichtsbezirkes ver- 
wiesen, woselbst der Schwurgerichtshof 
auf den Grund des von den Geschwor- 
nen abgegebenen Wahrspruches, und 
nachdem zuvor der Staatsanwalt, der 
Angeklagte und sein Vertheidiger mit 
ihren Erklärungen gehört worden sind, 
ein neues Urtheil zu erlassen hac. 
Geschieht die Verweisung an das Schwur- 
gericht desselben Appellationsg zirkes, 
so kommt die unter Nro. 1. bezüglich der 
Zusammensehung des Schwurgerichtshofes 
gegebene Vorschrift ebenfalls zur Anwendung. 
Art. 249. 
Geschah die Vernichtung des Urtheils 
wegen irriger Anwendung des Gesetzes, 
so ist zu unterscheiden: 
1) Ist der Gerichtshof der Ansicht, daß 
die Thar, wegen welcher die Verur- 
thellung erfolgte, durch kein Strafge- 
setz verboten sei, so hat es bei der 
bloßen Vernichtung des Urtheils ohne 
weitere Verweisung der Sache sein 
Bewenden. 
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