Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1848. (9)

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die Derson, deren angebliche Tödtung die 
Berurtheilung veranlaßt hat, noch lebe, 
oder doch nach der Zeit des angeblich er- 
folgten Todes noch gelebt habe. 
Verneint das Gericht diese Frage, so 
erkennt sofort der oberste Gerichtshof auf 
Abweisung des Wiederaufnahmsgesuches. 
Wird aber die Frage bejahr, so vernichter 
der Gerichtshof das frühere Urtheil und 
verweist die Sache, soferne er es den Umstän- 
den angemessen erachtet, zur nochmaligen 
Verhandlung und Enescheidung an die nächste 
Schwurgerichtssitzung. 
Art. 270. 
In dem unter Nro. 3. des Art. 264. 
bezeichneten Falle beauftragt der Gerichtshof 
durch vorläusigen Bescheid den Staatsan- 
walt am Appellationsgerichte, in dessen Be- 
zirke die Untersuchung wegen falschen Zeug- 
nisses anhängig ist, zur Vorlage des seiner 
Zeit zu erlassenden Urtheils. 
Wird der in Untersuchung gezogene 
Zeuge in der Folge wegen falschen Zeug- 
nisses schuldig erkannt und verurtheilt, so 
vernichtet der oberste Gerichtshof sofort das 
Urtheil, gegen welches Wiederaufnahme des 
Strafoerfahrens gesucht wurde, und ver- 
weist die Sache zur nochmallgen Verhand- 
lung und Enrscheidung an die nächste Schwur- 
gerichtssitzung. 
Wird dagegen der wegen falschen Zeug- 
nisses in Uncersuchung gezogene Zeuge nicht 
  
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verurtheilt, so erkennt der Gerichtshof auf 
Abweisung des Wiederaufnahmsgesuches. 
Art. 271. 
In den in Art. 264. und 265. be- 
zeichneten Fdllen kann der Staatsanwalt 
auch von Amtswegen die etwa nöthigen Er- 
hebungen beantragen und die Wiederauf- 
nahme betreiben. 
Art. 272. 
Was in Art. 248. Nro. 1. Abs. 2. 
und 3. bezüglich der Bildung des Schwur- 
gerichts und des Schwurgerichtshofes ver- 
ordnet ist, findet gleichmäßig Anwendung, 
wenn in Gemäßheit der Art. 269. und 
270. die Verweisung an die nächste Schwur- 
gerichtssitzung ausgesprochen wird. 
Art. 273. 
Ist zu der Zeic, wo das Gesuch um 
Wiederaufnahme des Strafverfahrens an- 
gebrache wird, mit dem Vollzuge der durch 
das frühere Erkenntniß aufgelegten Strafe 
noch nicht begonnen worden, so ist dieser 
so lange zu verschieben, bis eneweder das 
Gesuch vom obersten Gerichtshofe verwor- 
fen oder im Falle der Zulassung desselben 
die neuerliche Verhandlung beendigt ist. 
Dagegen hemmt das Gesuch um Wie- 
deraufnahme des Strafoerfahrens den Fort- 
gang einer bereits angetretenen Freiheies= 
strafe nur in so welt, als die Gegenware 
des Angeklagten am Sihe des mit der neuer- 
lichen Verhandlung beauferagten Geruches 
erforderlich ist. 26“
	        
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