Object: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

des Ruo und Schire, beförderte. Eine drei- 
tägige Bootreise endete in Katunga, von wo 
aus wir zu Lande über Mandala—Blantyre 
nach Matope gingen. Am oberen Theil des 
Shire und den Nyassasee hinauf nach Karonga, 
der nördlichsien Station der African Lakes Co. 
am See, trug uns der Dampfer der Gesell- 
schaft. Nach sehr schneller Reise langten wir 
dort am 23. Juni v. J. an. 
Unser erstes Ziel Kararamnka, eine jetzt 
nicht besetzte Station der schottischen Freikirche, 
betraten wir, nachdem wir den Songwe über- 
schritten und an dem Kiwira-Fluß entlang nach 
Norden gegangen waren, am 1. Juli, mehr- 
mals durch Fieber aufgehalten. Eine kleine 
Reise von hier aus nach Osten machte uns mit 
Land und Leuten dieses Theiles des Landes 
bekannt. Auf einer Reise nach Norden fanden 
wir am Rungwe-Gebirge in Muakapaliles Land 
den geeigneten Ort für eine Ansiedelung. Die 
ersten Baulichkeiten konnten noch vor der Regen- 
zeit beendet werden. 
Sowohl Kararamuka als auch unsere Sta- 
lion, sie führt den Namen Muakapalile am 
Rungwe, liegt auf einem Plateau von 4000 
bis 5000 Fuß Höhe. Dasselbe wird begrenzt 
im Westen vom massigen Bundali-Gebirge, an 
dessen Fuß der Kiwira-Fluß sich hinzieht. Im 
Osten schließt der Mpata= und Kjeinzug das 
Platcau ab. Dieser Bergzug trennt auch den 
Mbaka von dem in tiefem Thal fließenden 
Lufira; an leßterem liegl die neu gegründete 
Station der Berliner Mission. Der Abfall 
des Platcaus im Süden ist bewaldet. Im 
Norden schiebt sich der Nungwe vor. Zwischen 
diesem und dem Bundali zieht sich die Hoch- 
ebenc weiter nach Norden, abgeschlossen durch 
hohe Bergzüge (die Karten geben falsche Namen); 
deren einer, der Poroto, ist wichtig, weil über 
denselben der Weg zu dem zwei Tagereisen 
von uns entfernt wohnenden Araber Merere 
führt. 
An Wasser fehlt es dem Plateau nicht. 
Eine große Zahl slarler Bäche durchzieht das 
Land in der Richtung von Nordost nach Süd- 
west. Die Mehrzahl ergießt sich in den Kiwira- 
Fluß. Von Nachtheil ist, daß alle Gewässer 
sich mehr oder weniger tiefe Schluchten ge- 
wählt haben, so daß von regulärer Bewässerung 
schwerlich die Rede sein kann. 
Holz findet sich im Süden des Plateaus 
mehr nur in den seuchten Schluchten. Das 
Bundali-Gebirge weist wenig auf. Der Rungwe 
dagegen ist stark bewaldet. 
Das Land ist fruchtbar, wenn auch ver- 
hällnißmäßig wenig bebaut. Da Bananen die 
Hauptspeise bilden, so wird wenig gepflanzt. 
Bataten, Bohnen, Mais, Masimbi, Malesi und 
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Tabak bilden den Hauptbestandtheil der An- 
pflanzungen. Europäische Gemüse gedeihen, 
wie wir in unserem Garten beobachten können. 
Einen Schmuck des Graslandes bilden die 
beträchtlichen Heerden von Kühen, Ochsen, 
Ziegen und wenig Schafen, doch nicht in so 
großer Anzahl, wie man aus Reiseberichten 
schließen könnte. 
Das Volk auf unserer Hochebene hat eine 
gemeinsame Sprache: die Mwomba-Sprache, 
die bedeutend von der Sprache am See ab- 
weicht. Es ist friedlich, arbeitsam, dem Trunk 
nicht ergeben und im Allgemeinen dem weißen 
Mann freundlich gesinnt. Eins fehlt dem 
Volk: die Einheit. Ich kenne allein 11 Häupt-- 
linge, die sich in die Herrschaft theilen. Die 
Häuptlinge muß man als kleine Häuptlinge 
betrachten. 1000 bis 2000 Mann ist wohl 
die Höchstzahl der streitbaren Macht der grö- 
heren Häuptlinge. Von kleinen unblutigen 
Kriegen haben wir mehrsach gehört. Es han- 
delt sich bei denselben meist um das Wieder- 
nehmen gestohlenen Viehes. Wie erwähnt, ist 
das Volk, wie wir es kennen gelernt haben, 
harmlos und friedlich, und bedarf es jetzt keines 
Einschreitens bewaffneter Macht. 
Der Name „Merere“ ist hier gehaßt und 
gefürchtet. Unsere Station erhebt sich auf 
einem Theile eines Dorfes, das von ihm ver- 
wüstet worden ist. Von Mereres Grausamkeit 
wissen die Leute zu erzählen. 
Wegen der Unsicherheit des Weges und 
der wahrscheinlich bedentend größeren Kosten 
lassen wir Waaren sowohl als Briese den 
Wasserweg über Karonga —Quelimane gehen. 
Der Verkehr ist keineswegs ein geregelter. Das 
Schiff auf dem Nyossa und dem unteren Schire 
läuft sehr unregelmäßig. So können 3, 6, 8, 
ja 11 Wochen vergehen, ehe die Briefschaften 
uns von Karonga nach Abgang des letzten 
Schisses wieder zukommen. Briese von Europa 
erhalten wir zwischen 2½ und 5 Monaten 
nach Abgang von dort. Der Preis eines ein- 
fachen Briefes stellt sich von Karonga nach 
Europa auf 50 Pfennig, nicht eingerechnet die 
Bezahlung des Boten von hier nach Karonga. 
Die Waaren werden meist durch Träger 
von Karonga hierher befördert. Ein Theil der 
Schwarzen hier ist jetzt noch zu stolz zu diesem 
„Sklavendienst“, der größte Theil aber ist nur 
des Tragens ungewohnt. 
Sklaverei giebt es in unserem Gebiet nicht, 
auch die mildeste Form der Haussklaverei soll 
nach Dr. Croß nicht vorhanden sein. Wir selbst 
sind zu kurze Zeit hier, um ein sicheres Urtheil 
über Letzteres aussprechen zu können.
	        
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