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gegenwärtigen Gesetzes angeordnete Freilassung
eines Beschuldigten hindert den Beschädigten nicht,
für seine Ansprüche alle Sicherheitsmaßregeln
zu ergreifen, welche nach sonstigen Gesetzen zu-
lässig sind.
Art. 147.
Wird der gegen Sicherheit in Freiheit Ge-
setzte im Laufe der Untersuchung oder nach er-
gangenem Urtheile wieder verhaftet, so erlischt
damit die geleistete Sicherheit.
Außerdem erlischt die Sicherheit, wenn das
Verfahren eingestellt oder der Beschuldigte frei-
gesprochen worden ist oder wenn er dem gegen
ihn ergangenen Urtheile Genüge geleistet hat.
Die Zurückgabe der hinterlegten Beträge oder
Werthpapiere findet auf amtliches Zeugniß des
betreffenden Gerichts oder Untersuchungsrichters
statt. Mittels eines solchen Zeugnisses wird
auch die Bewilligung zur Löschung der geschehe-
nen Hypothekeinträge ertheilt.
Art. 148.
Leistet derjenige, welcher gegen Sicherheit in
Freiheit gesetzt worden ist, dem gegen ihn er-
gangenen Urtheile nicht Genüge, so haftet die
Sicherheit vorerst für die Kosten, sodann für die
dem Verletzten in den gesetzlich zulässigen Fällen
etwa zuerkannte Buße oder die demselben etwa
gebührende Entschädigung und zwar bezüglich
der letzteren selbst dann, wenn der Beschädigte
nicht als Civilpartei aufgetreten ist, und endlich
für die Geldstrafe. Der etwaige Ueberschuß ist
der Staatscasse verfallen.
Nrt. 149.
Die Bestimmung des §. 60 des Strafgesetz-
buches für das Deutsche Reich über die Zuläs-
sigkeit der Anrechnung der Untersuchungshaft
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auf die Strafe ist bei allen vom 1. Januar 1872
#an erfolgenden Aburtheilungen auch bezüglich
der vor diesem Tage erstandenen Untersuchungs-
haft in Anwendung zu bringen.
Soweit jedoch nach den bisher geltenden ge-
setzlichen Bestimmungen eine Aurechnung der
Untersuchungshaft erfolgen mußte, hat diese An-
rechnung bezüglich der vor dem 1. Januar 1872
erstandenen Untersuchungshaft auch bei einer
später stattfindenden Aburtheilung mindestens
nach Maßgabe jener Bestimmungen einzutreten.
Art. 150.
Alle mit den Vorschriften der Art. 133 bis 149
des gegenwärtigen Gesetzes im Widerspruche steh-
enden gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere
die Art. 113, 114, 115 Abs. 2, 116, 119 bis 122,
134 bis 140, 461 und 463 Theil II des Straf-
gesetzbuches von 1813 und Art. 113 bis 119,
121 Abs. 1 und 126 des in der Pfalz geltenden
Strafprozeßgesetzbuches bleiben aufgehoben. Die
Nrt. 91, 94, 100, 129, 130 Abs. 2, 131, 134,
193, 230 Abs. 2, 231 bis 233, 239 und 506
des zuletzt erwähnten Gesetzbuches sind in Zu-
kunft mit den aus den Bestimmungen der Ar-
tikel 133 bis 149 des gegenwärtigen Gesetzes
sich ergebenden Beschränkungen und Abänderungen
zu vollziehen. Insbesondere kommen die Vor-
schriften des angeführten Gesetzbuches über Er-
lassung von Leibverhaftsbefehlen sowie alle da-
rauf sich beziehenden Bestimmungen für jene
Fälle nicht mehr zur Anwendung, in welchen
in Gemäßheit des gegemwärtigen Gesetzes eine
Verhaftung des Beschuldigten nicht stattfindet.
Unterbleibt in Folge dessen in einem Falle, wo
das Bezirksgericht die Mittheilung der Acten
an den Oberstaatsanwalt verordnet, die Erlas-