274 Die Zeit von 1888 bis 1894.
trat das Ende doch wohl schneller ein, als man erwartet hatte.
Albert erfuhr, wie ich schon sagte, die Todesnachricht in Frei-
berg. „Er war sehr ergriffen und versenkte sich kurze Zeit
in tiefes Nachdenken,“ wie Carlowitz erzählt, „ergriff dann
aber einen Band der Revue des deux mondes und sprach
bis Dresden kein Wort.“ Sofort ordnete er Armeetrauer
an und bestimmte, daß das 2. Grenadierregiment weiter den
Namen des verewigten Kaisers führen sollte. Am 15. reiste
Albert zur Beisetzung nach Berlin, zugleich mit meinem Vater
und meinem ältesten Bruder. In Berlin fuhr er gleich in
den Dom, um die daselbst aufgebahrte Leiche des Kaisers
zu sehen und einen Kranz niederzulegen. Erschütternd war
der Besuch bei Kaiser Friedrich. König Albert hat es uns
damals erzählt, wie ergriffen er war, den früher so blühenden
und lebhaften Mann stumm vor sich zu sehen. Carlowitz
erzählt: „Nach kurzer Zeit kam er mit dem Könige in Uniform
und mit dem Bande der Nautenkrone in das Vorzimmer
vor die Umgebung. Er sah leidend aus, ging aber aufrecht.
Er gab mir die wie immer kräftige Hand.“ Das Begräbnis
brauche ich hier nicht zu schildern. Es war die gewaltigste
Trauerkundgebung, die sich denken läßt. Der König ging
mit dem nunmehrigen Kronprinzen und dem Prinzen Hein-
rich. Er blieb noch am 17. in Berlin, besuchte den Fürsten
Bismarck und den Feldmarschall Graf Moltke und blieb
längere Zeit bei beiden.
Carlowitz erzählt weiter: „Der König reiste abends um
10 Uhr ab, Berlin in voller Unsicherheit über die nächste
Zukunft zurücklassend und wohl auch selbst dieses Gefühl
theilend.“ Es folgte die Battenbergaffäre 1). Wie Carlowitz
berichtet, hätte Albert in dieser heiklen Angelegenheit die
1) 1888 scheiterte der Plan der Gemahlin des Kaisers Friedrich,
den Exfürsten von Bulgarien, Alexander von Battenberg (Graf
v. Hartenau), mit ihrer Tochter Viktoria zu verheiraten, an Bismarcks
Widerstand, der wegen der unversöhnlichen Haltung des Zaren gegen
den Battenberger das Heiratsprojekt bekämpfte.