Full text: Geschichte des Preußischen Staates

400 Ursachen des Fürstenbundes. 
Frage benutzie, Reformen versucht. Aber diese beruhten keineswegs auf nationaler, 
sondern lediglich auf österreichischer Unterlage. Sie hatten die Beseitigung Preußens 
zur Voraussetzung und nicht das Wohl des Reiches, sondern die Unterjochung der 
deutschen Fürsten zum Zweck. Als aber Joseph nun auch den Hauptstützen der 
kaiserlichen Politik, den geistlichen Fürsten, entgegentrat, als er von Passau und 
Salzburg gewaltsam Stücke Landes zur Abrundung seiner Herrschaft nahm, als 
er den Versuch machte, die kirchlichen Diözesen nach der politischen Lage der 
Länder abzugrenzen und so den Besitz einer großen Anzahl der geistlichen Fürsten 
gefährdete, da bäumten auch diese sich hoch auf, und ein Schrei der Entrüstung, 
der Angst ging durch das ganze Reich über diesen Kaiser, der nichts, kein Recht, 
keinen Besitz, kein durch die Jahrhunderte geheiligtes Herkommen achtete. Seinen 
jüngsten Bruder, den Erzherzog Maximilian, zwang er, die Tonsur zu nehmen, 
verschaffte ihm trotz allen Widerstrebens die Koadjutoreien von Köln und Münster, 
suchte ihm, wie es wenigstens schien, auch den Bischofstab von Paderborn und 
den von Hildesheim in die sich sträubende Hand zu drücken. Wer sollte nicht 
sehen, daß Joseph auf diese Weise auch Norddeutschland in seine Kreise zog und 
es mit österreichischer Macht zu umklammern suchte! Die Aufregung wuchs höher 
und höher. Endlich sollten Josephs alte Pläne doch noch verwirklicht, und nicht 
nur Bayern, sondern auch Württemberg österreichisch werden. Karl Theodor sollte 
für den Verlust von Bayern nach dem alten Gedanken Josephs mit den öster- 
reichischen Niederlanden und dem Titel eines Königs von Burgund, der Herzog 
von Württemberg mit dem Herzogtum Modena entschädigt werden, und weder in 
München noch in Stuttgart wagte man, ein entschiedenes Nein dem Kaiser ent- 
gegen zu rufen. 
Wir wissen, mehrfach hatte der König den Gedanken eines Bundes der 
deutschen Fürsten gegen Oesterreich angeregt, doch stets hatte man sich entschuldigt 
und es dahin gebracht, daß Friedrich keine Hoffnungen mehr auf den Gedanken 
setzte. Selbst die mit Sachsen und Hannover nun wieder begonnenen Beratungen 
hatten nicht zum Ziele geführt. Jetzt aber lag die Revolution, die Joseph wollte, 
so sonnenklar vor aller Augen, daß einige der Fürsten auf den friderizianischen 
Gedanken selbst zurückkamen. Baden, Anhalt-Dessau und Sachsen-Weimar handelten 
hin und her, wechselten mit dem Prinzen von Preußen Briefe um Briefe, 
der österreichischen Tyrannei und dem kaiserlichen Despotismus gemeinsam ent- 
gegen zu treten. Und Friedrich, obgleich er bisher so schlechte Erfahrungen mit 
den beutschen Fürsten gemacht, nahm seinerseits den Plau schließlich doch wieder 
auf, und „Feuer, meine Herren, Feuer!“ so tönte es schreckenerregend aus seinem 
Kabinett seinen Ministern entgegen, als er die Haltung der Höfe von München 
und Stuttgart erfuhr. Denn die inzwischen aufs neue mit den Großmächten ge- 
führten Verhandlungen waren völlig gescheitert. Keine hatte den Mut oder die 
Neigung für Deutschland oder für Preußen etwas zu thun. Auch nicht „der 
Schatten einer Allianz"“ war zu sehen. 
Jetzt kam Fluß in die Unterhandlungen mit den deutschen Fürsten, und 
Friedrich baute nunmehr seine ganze Hoffnung auf das Reich, auf den Bund der 
deutschen Fürsten. Der feierliche Hilferuf des Herzogs von Zweibrücken, den 
Rußland vergeblich zur Nachgiebigkeit gegen Josephs Wünsche zu bestimmen suchte, 
gab Friedrich die Gelegenheit zum Eingreifen. Die Befürchtungen der hohen 
Geistlichkeit vor Josephs zugreifender Hand befestigten den Gegensatz der deutschen
	        
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