Full text: Geschichte des Preußischen Staates

404 Erste Hilse nach dem Kriege. 
weitem größten Teil gab der König sofort, und das Staunen über die Möglichkei#t 
solch großer Ausgaben wächst, wenn man hört, daß auch die Münzverschlechterung, 
die er sich während des Krieges hatte gefallen lassen müssen, aufgehoben, daß die 
Kassenscheine, welche die Beamten an Stelle ihres Gehaltes erhalten hatten, ein- 
gelöst, und daß überhaupt bis zum Juni 1765 alle Schulden abgezahlt sein mußten. 
Aber freilich, so unlieb es ihm war, Friedrich prüfte und revidierte alle Rechnungen 
selbst, und er war nach seiner Erklärung nur deshalb der einzige, der immer bares 
Geld hatte, weil er die Klugheit hatte, stets die Einnahmen eines Jahres im 
voraus einzuziehen. So hatte die Zentralkriegskasse — abgesehen von den in den 
feindlichen Ländern erhobenen Kontributionen — 78 Millionen Thaler während 
des Krieges zahlen können, und doch hatte der König beim Friedensschluß noch 
dreißig Millionen Thaler zur Verfügung. Es war die glänzendste finanzielle 
Leistung, die gedacht werden konnte, und wie ein Hohn fast klingt es auf die Pläne 
der Feinde Preußens, daß sie alle aufs tiefste verschuldet waren, Preußen aber 
mit einem baren Bestande von solcher Höhe abschloß. 
Seine ganze Zeit benutzte Friedrich, um Einrichtungen für den Staat zu treffen, 
und so konnte er schon am 24. Februar, wenige Tage nach dem Friedensschluß, dem 
Prinzen Heinrich mit Zuversicht schreiben, „es leidet keinen Zweifel mehr, daß der 
“* Teil der Provinzen noch in diesem Jahre wieder hergestellt sein wird, nächstes 
fza dürfen keine Spuren von dem Kriege mehr übrig sein. Es ist meine 
s lieber Bruder, bei dieser Gelegenheit mich anzustreugen; wenn ich dem 
Staat in meinem Leben einen Dienst erweisen kann, so ist es der, ihm aus seiner 
Zerrüttung wieder emporzuhelfen, die Mißbräuche womöglich abzustellen und Ver- 
besserungen dort anzubringen, wo es notwendig ist. Dieses Vorhaben ist unend- 
lich groß und umfaßt viele Zweige; schenkt mir aber der Himmel noch einige 
Lebenstage, dann werde ich es zu Ende führen. Im entgegengesetzten Falle 
lasse ich Spuren meiner Thätigkeit zurück, denen alsdann die anderen folgen 
können, wenn sie es für angemessen erachten“. 
Es ist dieselbe Größe, die eben darum so groß, weil sie mit so rührender Be- 
scheidenheit auftritt, wie der König sie in seinem Testament von 1768 bekundet. 
Die Pflicht eines jeden guten Bürgers nennt er es hier, seinem Vaterlande zu dienen 
und nicht zu denken, daß er für sich allein da sei, sondern für das Wohl der Ge- 
sellschaft zu arbeiten habe, in die ihn die Natur gestellt. Nach seiner schwachen 
Einsicht und seinen Kräften sei er bemüht gewesen, dieser Pflicht zu genügen, seitdem 
er durch den Tod seines Vaters zu dem obersten Amte im Staate gelangt sei — 
und man beachte, wie der König trotz aller Bewunderung, die ihm die Welt zollte, 
bei dieser herkömmlichen Auffassung seines Hauses von der königlichen Würde als 
einem Amte beharrt. Er habe nicht die dumme Anmaßung, zu glauben, daß sein 
Verfahren seinen Nachfolgern zur Richtschnur dienen müsse, zu sehr nur bemerke er, 
daß er ein Mensch sei, d. h. ein Geschöpf, gemischt aus gut und böse, dem Irrtum 
unterworfen, dessen Einsichten ebenso unsicher, wie seine Talente beschränkt seien. 
Wie gewaltig erscheint dieser Bescheidenheit gegenüber die Thätigkeit Friedrichs! 
„Eure Weisheit sei ohne Hochmut, und Eure Demut sei nicht ohne Weisheit“, 
so hatte einst der tiefsinnige Kirchenvater gelehrt — und wer in der Welt hätte 
diese Lehre so zur Wahrhei. so zum wirklichen Leben gemacht, wie Friedrich II. 
von Preußen? Und Thätigkeit und Arbeit empfiehlt er auch seinen Nachfolgern, 
giebt ihnen wiederholt den Rat, alle Zweige der Regierung in ihrer Hand zu
	        
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