Verfassungsurkunde. VII. Kapitel. 147
VII. Kapitel.
Bon Ausũbung der Staatsgewalt.
Vorbemerkungen:
1. Das siebte Kapitel, das von der Ausübung der Staats-
gewalt handelt, erschöpft diesen Gegenstand nicht: schon im § 4
ist auf die Stellung des Königs als Staatsoberhaupt im allgemeinen
hingewiesen; Regierungsrechte, die mit der Ausübung der Staats-
gewalt zur Geltung kommen, sind auch an anderen Stellen der
Verfassungsurkunde erwähnt; die oberste Leitung der Staatsver-
waltung, soweit sie sich in der Ernennung der Staatsbeamten durch
den König äußert, ist in den §§ 43 und 44 geordnet, ein wich-
tiger Teil der Regierung, das Finanzwesen, ist dem achten Kapitel
vorbehalten. Indem der König als Oberhaupt des Staats die
Staatsgewalt ausübt (vgl. S. 18), bringt er zugleich die st aat-
lichen Funktionen zur Erscheinung: das Schaffen von
Rechtsnormen im Wege der Gesetzgebung und der Verordnung,
sowie durch Staatsverträge und das Verwalten der staat-
lichen Angeleg enheiten, in dessen Bereiche sich nach der
inneren Verschiedenartigkeit der staatlichen Tätigkeit die Recht-
sprechung und die Verwaltung im engeren Sinn un-
terscheiden läßt. Im einzelnen beziehen sich die Bestimmungen des
siebten Kapitels:
a) auf die Mitwirkung der Stände bei der Ausübung der
Staatsgewalt, insbesondere auf dem Gebiet der auswärtigen Ver-
hältnisse und bei der Gesetzgebung (88 85—91);
b) auf die Rechtspflege (88 92—98);
Jc) auf das Militärwesen (§88 99— 101).
2. Die Vorschriften des siebten Kapitels haben durch die Reichs-
verfassung und die Reichsgesetzgebung eine erheb-
liche Einschränkung und wesentliche Aenderung
erfahren; ein großer und wichtiger Teil der staatlichen Angelegen-
heiten, insbesondere die in Art. 4 der Reichsverfassung genannten,
sind, entweder nur bezüglich der Beaufsichtigung und Gesetzgebung
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