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zu beurtheilen und zu entscheiden. Unselbststaͤndige Kinder, d. h. solche,
welche noch bei ihren Eltern sich befinden und von diesen ernaͤhrt werden oder
wenigstens zum eignen Erwerbe ihres Lebensunterhaltes noch nicht im Stande
sind, sollen schon durch die Handlungen ihrer Eltern von selbst, ohne daß es
einer eignen Thaͤtigkeit der Kinder oder eines sonstigen Grundes bedarf, der-
jenigen Staatsangehoͤrigkeit theilhaftig werden, welche ihre Eltern waͤhrend
der Unselbststaͤndigkeit der Kinder erwerben. Jedoch sollen diesen Einfluß auf
die Staatsangehoͤrigkeit unselbststaͤndiger ehelicher Kinder diejenigen
Veraͤnderungen nicht aͤußern, welche sich nach dem Tode ihres Vaters
in der Staatsangehoͤrigkeit ihrer Mutter ereignen, vielmehr soll uͤber ihre
Staatsangehoͤrigkeit lediglich die Staatsangehoͤrigkeit ihres Vaters ent-
scheiden und eine Veraͤnderung derselben nur mit Zustimmung ihrer vor-
mundschaftlichen Behoͤrde eintreten koͤnnen.
Diese Grundsaͤtze hinsichtlich der unselbststaͤndigen Kinder gelten auch
bei den uͤbrigen Bestimmungen dieser Uebereinkunft, wenn nicht ein An-
deres ausdruͤcklich festgesetzt ist.
2) Diejenigen, welche zufaͤllig innerhalb des Staatsgebiets von heimathslosen
Eltern, d. h. solchen, die in keinem der kontrahirenden Staaten Untertha-
nenrechte haben, geboren sind, und nicht nachher in einem andern Staate
Unterthanenrechte erworben, oder daselbst mit Anlegung einer Wirthschaft,
(eines eigenen Haushalts) sich verheirathet, oder darin, mit Wissen der
Ortsobrigkeit, zehn Jahre ohne Unterbrechung gewohnt haben.
Unfelbststaͤndige Kinder solcher heimathslosen Eltern ist jedoch,
ohne Ruͤcksicht auf ihren zufaͤlligen Geburtsort, der Staat aufzunehmen
schuldig, welchem ihr Vater oder, falls die Kinder außer der Ehe gebo-
ren sind, ihre Mutter angehoͤrt. Wenn aber die Mutter unehelicher Kin-
der nicht mehr am Leben ist und die letzten bei ihrem Vater befindlich
sind, so soll der Staat, dem ihr Vater angehoͤrt, sie aufzunehmen ver-
pflichtet seyn.
Sowohl bei der vorstehenden, als auch bei den uͤbrigen Bestimmun-
gen dieser Uebereinkunft soll der Ausdruck: Wirthschaft oder Haus-
halt so verstanden werden, daß dies Verhältniß auch dann schon vor-
handen sey, wenn das Individuum, und zwar von Eheleuten auch nur
der Mann oder die Frau, auf andere Art, als durch Gesindedienst im
Hause der Brodherrschaft, sich Beköstigung verschafft hat; der Ausdruck:
ohnen aber nur den Aufenthalt in dem Staate bezeichnen, ohne Rück-
sicht darauf, ob das in Frage stehende Individuum ein Domizil (Recht
zum bleibenden Aufenthalte) erlangt hat, oder Mitglied einer Gemeinde
geworden ist, oder dergleichen.
3) Diesenigen, welche zwar weder in dem Staatsgebiete geboren sind, noch
daselbst Unrerthanenrechte erlangt haben, jedoch in demselben unter An-
legung einer Wirthschaft sich verheirathet, oder darin, mit Wissen der
Ortsobrigkeit, zehn Jahre ohne Unrerbrechung gewohnt haben.
Wenn ein Individuum ausgewiesen werden soll, welches zufällig in
dem einen Staate geboren ist, in dem andern aber entweder Unterthanen-
(No. 2051.) Jahrgang 1829. Ss recht