Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1845. (36)

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S. 153. 
Wider den Willen des Lehrherrn kann das Verhaͤltniß vor Ablauf der 
Lehrzeit aufgehoben werden, wenn der Lehrherr die ihm nach H. 150. oblie- 
genden Verpflichtungen groͤblich vernachlaͤssigt oder das Recht der vaͤterlichen 
Zucht mißbraucht. 
Bei Lehrlingen der Genossen von Innungen hat die Innung, bei an— 
deren Lehrlingen aber in den Staͤdten die Kommunalbehoͤrde, auf dem Lande die 
Ortspolizei-Obrigkeit, mit Ausschluß des Rechtsweges, zu entscheiden, ob der Fall 
einer solchen Vernachlässigung oder eines solchen Mißbrauchs vorhanden ist. 
In diesen Fällen kann der Lehrherr zur Erstattung der durch die ander- 
weitige Unterbringung des Lehrlings entstehenden Mehrkosten im Rechtswege 
angehalten werden. 
Dasselbe gilt von dem Falle, wenn dem Lehrherrn die Befugniß, Lehr- 
linge zu halten, entzogen wird. (G. 130.) 
G. 154. 
Wider den Willen des Lehrherrn kann das Verhältniß vor Ablauf der 
Lehrzeit aufgehoben werden, wenn der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder 
zu einem anderen Berufe übergeht. Dem Lehrherrn ist in diesem Falle, wenn 
nicht ein Anderes verabredet worden, das Lehrgeld noch für einen halbjährigen 
Zeitraum nach Ablauf des Quartals zu zahlen, in welchem der Lehrling abgeht. 
. 155. 
Durch den Tod des Lehrherrn oder Lehrlings wird der Lehrvertrag auf- 
gehoben. 
Auf den Antrag des einen oder des andern Theils ist der Lehrvertrag 
auch dann aufzuheben, wenn der Lehrherr oder der Lehrling zur Erfüllung der 
eingegangenen Verpflichtungen unfähig wird. 
In beiden Fällen erfolgt die Auseinandersetzung hinsichtlich des Lehrgeldes 
nach Verhältniß des bereits abgelaufenen Theiles der Lehrzeit zur ganzen Dauer 
derselben. 
K. 156. 
Bei Auflösung des Lehrverhältnisses kann der Lehrling über die Dauer 
der Lehrzeit und die während derselben erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten, 
sowie über sein Betragen vom Lehrherrn ein Zeugniß fordern, welches, wenn 
gegen den Inhalt sich nichts zu erinnern findet, in den Städten von der Kom- 
munalbehörde, auf dem Lande von der Ortspolizei-Obrigkeit kosien= und stempel- 
frei zu beglaubigen ist. 
g. 157. 
Nach vollständiger Erfüllung des Lehrvertrages kann der Lehrling auch 
darauf antragen, daß er über die einem Gesellen nöthigen Kenntnisse und Fer- 
tigkeiten geprüft und förmlich entlassen werde. 
Die
	        
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