Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1845. (36)

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g. 39. 
Werden bei Truppentheilen, welche ihre Garnison an einem Orte haben, 
wo sich kein Militairgericht befindet, Verbrechen verübt, die schleunige Maaß- 
regeln erfordern, so ist der daselbst kommandirende Offizier befugt, Las Zivil= 
Gericht des Orts zu requiriren, alle Ausmittelungen vorzunehmen, die am 
Orte selbsi oder sonsi im Bezirk des Gerichts erfolgen müssen und keinen 
Aufschub leiden, bis entweder ein Inquirent von dem kompetenten Militairgericht 
esandt, oder der Verbrecher nach dem Sitz des Militairgerichts gebracht werden 
ann. In den Fällen, wo weder das eine noch das andere zulässig isi, kann 
von Seiten des kompetenten Militairgerichts auch das Zivilgericht zur Führung 
der Untersuchung requirirt werden. 
S. 40. 
Militairbefehlshaber, denen zur Ausubung ihrer gerichtsherrlichen Be- 
fugnisse ein Auditeur oder untersuchungsführender Offizier nicht zugetheit ist, 
haben die ihnen zusiehenden Untersuchungen durch Regquisition des nchsten 
Militair= oder, bei beträchtlicher Entfernung desselben, des Zivilgerichts führen 
zu lassen. 
. 41. 
Die Obduktion der Leichname von Militair= oder Zivilpersonen gehört 
vor die Militairgerichte, wenn Verdacht vorhanden ist, daß eine Militairperson 
an dem Tode des Entleibren Schuld isi. Die äußere Besichtigung des Leichnams 
einer Militairperson, welche durch Selbstmord oder einen Unglücksfall ums 
Leben gekommen ist, so wie die Ermittelung der Todesursache, und der Ver- 
anlassung zum Selbsimord, gebührt den Militairgerichten. Befindet sich kein 
Militairgericht am Ort, so ist das Zivilgericht mm Aufnahme der Verhand- 
lungen zu requiriren. 
Die aufgenommenen Verhandlungen sind wie bisher an das General- 
Auditoriat einzusenden. 
S. 42. 
Die Auslieferung eines flüchtigen, im Auslande befindlichen Verbrechers 
ist von den Militairgerichten bei dem Kriegsministerium in Antrag 4 bringen, 
in sofern hierüber die bestehenden Kartelkonventionen oder andere Bestimmun- 
gen nicht besondere Vorschriften enthalten. 
K. 43. 
Kein Gerichtsherr darf in die Gerichtsbarkeit eines andern eingreifen; 
es bewirkt jedoch keine Nichtigkeit des Verfahrens, wenn die Untersuchung oder 
das Erkenntniß durch ein Militairgericht erfolgt isi, welches überhaupt befugt 
war, in einer zur höheren Gerichtsbarkeit gehörigen Sache die Untersuchung 
zu führen oder zu erkennen. 
Dies findet auch Statt, wenn das inkompetente Gericht nur die niedere 
Gerichtöbarkeit hat, und der vor dieses Gericht gezogene Fall zur niedern 
Gerichtsbarkeit gehört. 
4 
(Tr. 2579.) 49 * Dritter
	        
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