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Waltet Gefahr im Verzuge ob, so hat das Gericht auch ohne Antrag
des Staatsanwalts alle diejenigen Ermittelungen, Verhaftungen oder Anord—
nungen vorzunehmen, welche nothwendig sind, um die Verdunkelung der Sache
zu verhüten. Die Verhandlungen hierüber sind aber demnächst dem Staats-
Anwalte mitzutheilen.
S. 0.
Dem Staatsanwalt legt sein Amt die Pflicht auf, darüber zu wachen,
daß bei dem Strafverfahren den gesetzlichen Vorschriften überall genügt werde.
Er hat daher nicht blos darauf zu achten, daß kein Schuldiger der Strafe ent-
gehe, sondern auch darauf, daß Niemand schuldlos verfolgt werde.
g. 7.
Untersuchungsverhandlungen, Verhaftungen oder Beschlagnahmen hat der
Staatsanwalt nicht selbst vorzunehmen, sondern solche nach den Umständen
entweder bei der Polizeibehörde, oder bei dem betreffenden Gerichte zu bean-
tragen; er ist jedoch befugt, allen polizeilichen und gerichtlichen Verhandlungen,
welche Gegenstände seines Geschäftskreises betreffen, beizuwohnen, und mit dem
Beamten, welcher die Verhandlung zu führen hat, in unmittelbare Verbindung
zu treten, und seine Anträge und Mittheilungen zur Förderung des Zwecks der
Untersuchung an diesen Beamten zu richten.
* .
Dem Staatsanwalt steht die Einsicht aller polizeilichen und gerichtlichen
Akten, welche sich auf einen zu seinem Geschaͤftskreise gehoͤrenden Gegenstand
beziehen, jederzeit frei. Auch gehoͤrt es zum Berufe desselben, den Unvollstaͤn-
digkeiten, Verzögerungen oder sonstigen Unregelmäßigkeiten, welche er in den
Untersuchungen wahrnimmt, durch Anträge bei der vorgesetzten Behörde des
die Untersuchung führenden Beamten, Abhulfe zu schaffen.
K. 9.
Wegen Amtsverbrechen darf der Staatsanwalt nur auf Grund eines
Antrages der vorgesetten Dienstbehörde des anzuklagenden Beamten (W. 5. u.
f. des Gesetzes vom 29. März 1844.) einschreiten.
Einem solchen Antrage aber muß der Staatsanwalt stets genügen, und
die Anklage dem Gerichte zur Beschlußnahme selbst dann einreichen, wenn seine
Ansicht über die Begründung der Anklage von der der Dienstbehörde abweicht.
Auch ist er verpflichtet, gegen die gerichtlichen Entscheidungen in Sachen dieser
Art Rechtsmittel einzulegen, wenn die Dienstbehörde ihn hrzt auffordert.
F. 10.
Verbrechen, deren Bestrafung die Gesetze von dem Antrage einer Pri-
vatperson abhängig machen, darf der Staatsanwalt nur dann vor Gericht
verfolgen, wenn hierauf von jener Person angetragen worden ist. Doch ist er
sowohl in diesen Fällen, als auch dann, wenn bei Verbrechen anderer Art die
Betheiligten sich an ihn wegen Veranlassung der Untersuchung wenden, befugt,
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