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der Entschädigungen einem unter Leitung der Ämter stattfindenden Verwaltungs-
verfahren überwies. Jene Deklaration hat jedoch die einstimmige, die Wege-
ordnung fast die einstimmige Zustimmung der Landstände erhalten, so daß dem
Erfordernis des § 141 der N. L.-O. Genüge geschehen ist. Unterm 16. Januar
1866 legte dann das Staatsministerium den Entwurf eines Gesetzes über die
Ausmittelung der Entschädigungen bei Expropriationen dem Ausschuß der Landes-
versammlung mit dem Ersuchen um Erteilung der verfassungsmäßigen Zustim-
mung vor. Dieser Entwurf übertrug die Leitung des Schätzungsverfahrens
und die Feststellung der Entschädigung der Kreisdirektion, ließ aber (§ 10)
gegenüber dem Feststellungsbescheide beiden Teilen den Rechtsweg offen. Ein
Schreiben des Ministeriums vom 28. März 1866 rechtfertigte diese Bestim-
mung damit, daß es notwendig erscheine, den fehlenden Einklang mit der
N. L.-O. wieder herzustellen, daß nach § 33 der letzteren die Entschädigungsfrage
offenbar nicht Verwaltungssache, sondern Iustizsache sei, daß man aber den
Expropriaten in seinem eigenen Interesse nicht von vornherein auf die Klage
und den Schutz der Gerichte verweisen und ihn zu Prozessen und lästigen
Beweisführungen zwingen, sondern ihm zunächst im Verwaltungswege ein auf
genaue Prüfung gegründetes Gebot machen solle, damit er ohne Prozeß zum
Ziele kommen könne. In der Beratung über den Entwurf fanden indes die
Vorschriften, die der Entwurf über die Zulässigkeit des Rechtsweges enthielt,
weil sie zu unbestimmt gehalten waren und zu allerlei erheblichen Streitfragen
Anlaß bieten konnten, eine durchaus abfällige Beurteilung, auch zerschlugen sich
die Verhandlungen bald, da der Ausschuß teils wegen der großen Bedeutung
des Gesetzes, teils auf Grund von Bedenken, die dem § 122 der N. L.-O. ent-
nommen wurden, wenig geneigt war, die Vorlage zum Gesetz zu erheben, das
Ministerium aber den Vorschlag des Ausschusses, das Gesetz nur als provi-
sorisches in Kraft treten zu lassen, nicht für zweckmäßig ansah. Als darauf im
Dezember 1866 der 12. ordentliche Landtag eröffnet wurde, unterbreitete ihm
die Regierung eine Gesetzesvorlage, die im wesentlichen zwar auf der Grundlage
des mit dem Ausschusse erörterten Entwurfs aufgebaut war, das Abschätzungs-
verfahren aber der Leitung der Landesökonomiekommission unterstellte und den
Vorbehalt des Rechtsweges völlig beseitigte. Im auffälligen Widerspruch mit
den Ausführungen des Ministerialschreibens vom 28. März 1866 war in den
Motiven (Anl. 24 der Verhandlungen des bezeichneten Landtages) bemerkt, daß
nach § 33 der N. L.-O. zwar der Rechtsweg — anscheinend gleichsam als höhere
Instanz nach dem administrativen Verfahren — zugelassen sei, daß aber aus
der anerkannten Notwendigkeit eines rechtlichen Schutzes für das Privateigentum
sich durchaus nicht die Folgerung ergebe, als müsse ein im Verwaltungsverfahren
legal gefundenes Resultat nur deshalb, weil es einer Partei nicht genüge, der
Nachprüfung im Rechtswege unterworfen werden. „Es wird heutzutage nicht
mehr bezweifelt, daß es auch ein Verwaltungsrecht gibt und daß die Verwal-
tung nicht bloß nach Willkür und Ermessen verfährt, so daß als höhere Instanz
noch der Rechtsweg bleiben müsse.“ Die Kommission des Landtages, mit den
Grundsätzen des Entwurfs im wesentlichen einverstanden, erklärte in ihrem