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Gesetz-Sammlung
für die
Königlichen Preußischen Staaten.
— JNr. 1.—
(Nr. 3086.) Verordnung über die Aufhebung der Privatgerichtsbarkeit und des eximirten
Gerichtsstandes, sowie über die anderweitige Organisation der Gerichte.
Vom 2. Januar 1840. ’
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, Koͤnig von
Preußen 2c. 2c. "
verordnen in Ausführung der Artikel 40. 85. und 88. und auf Grund des
Artikels 105. der Verfassungsurkunde für den Umfang Unserer Monarchie mit
Ausschluß des Bezirks des Appellationsgerichtshofes zu Cöln, auf den Antrag
Unseres Staatsministeriums, was folgt:
I. Aufhebung der Privatgerichtsbarkeit.
g. 1.
Die standesherrliche, städtische und Patrimonialgerichtsbarkeit jeder Art
in Zivil= und Strafsachen wird aufgehoben. Fortan soll die Gerichtsbarkeit
überall nur durch vom Staate bestellte Gerichtsbehörden, deren Einrichtung
und Kompetenz die nachfolgenden Vorschriften bestimmen, in Unserm Namen
ausgeübt werden.
Einer gleichen Aufhebung unterliegt die geistliche Gerichtsbarkeit in allen
weltlichen Angelegenheiten, namentlich auch in Prozesen über die Loilrechriche
Trennung, Ungültigkeit oder Nichtigkeit einer Ehe. Alle solche Rechtsangele-
genheiten gehören vor die ordentlichen Gerichte.
g. 2.
Die Aufhebung der Privatgerichtsbarkeit erfolgt ohne Entschädigung der
zeitherigen Inhaber, jedoch gehen vom Tage der Aufhebung nicht blos die
Nutzungen nebst den sonstigen aus der Gerichtsbarkeit fließenden Gerechtsamen,
sondern auch alle Lasten derselben, mit Einschluß der Verpflichtung zur Ueber-
kragung der Kriminalkosten, auf den Staat über.
as die am Tage des Ueberganges rückständigen Sporteln betrifft, so
verbleiben die bis dahin bereits liquidirten und zur Solleinnahme gestellten den
zeitherigen Gerichtsherren, während die noch nicht zur Solleinnahme gestellten
Sporteln für Rechnung der Staatskasse liquidirt und eingezogen werden. Kri-
minalkosten sind von den Gerichtsherren in soweit zu übertragen, als die Auf-
Jahrgang 1819. (Nr. 3086.) 1 for-
Ausgegeben zu Berlin, den 8. Januar 1849.