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KC. 1.
Die Verpflichtung zur Entrichtung von Stolgebühren für Taufen und
Trauungen in ortsüblich einfachster Form sowie für Aufgebote wird aufgehoben.
. 2.
Was in den einzelnen Gemeinden nach den bestehenden Taxsätzen als orts-
üblich einfachste Form der Taufen und Trauungen zu gelten hat, wird, sofern
sich hierüber Zweifel ergeben, durch Beschluß der vereinigten Gemeindeorgane
festgestellt. Dieser Beschluß bedarf nach Anhörung des Kreissynodalvorstandes
der Genehmigung des Provinzialkonsistoriums.
Entsteht im einzelnen Falle darüber Streit, ob eine Stolgebühr ungeachtet
der Bestimmung des H. 1 zu entrichten ist, so entscheidet der Kreissynodalvorstand
nach Anhörung des Gemeindekirchenraths (Presbyteriums) und auf erhobene Be-
schwerde das Provinzialkonsistorium. Diese Beschwerde ist nur binnen dreißig
Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Kreissynodalvorstandes zulässig.
Eine weitere Beschwerde findet nicht statt.
S. 3.
Die Stellen der Geistlichen und übrigen Kirchenbeamten sind für den
ihnen durch die im F. 1 vorgesehene Aufhebung der Gebühren entstehenden Aus-
fall der Einnahmen von der Kirchengemeinde durch eine Rente zu entschädigen.
Diiese Rente ist vierteljährlich im Voraus zahlbar.
. 4.
Diejenigen geistlichen Stellen, deren Jahreseinkommen außer freier Wohnung
und Stolgebühren mindestens 6 000 Mark beträgt, sind von der Entschädigung
ausgenommen. Auch die geringer dotirten Stellen erhalten die Entschädigung
nur insoweit, als das Einkommen einschließlich der Entschädigungsrente nicht
über die vorstehend angegebene Höhe hinausgeht.
Die auf den Stellen zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Amte
befindlichen Geistlichen bleiben für ihre Amtsdauer in derselben Weise zu ent-
schädigen, wie sonst die Stellen, insoweit sie nicht auf Grund des §. 54 des
Gesetzes vom 9. März 1874, betreffend die Beurkundung des Personenstandes
und die Form der Eheschließung, entschädigt werden.
S. 5.
Die Höhe der Entschädigungsrente bestimmt sich nach dem Durchschnitt
der Solleinnahme aus den aufgehobenen Gebühren für die in den Jahren 1886
bis einschließlich 1890 in der Gemeinde vollzogenen Handlungen.
Ist diese Durchschnittseinnahme nicht mehr zu ermitteln, so ist die Höhe
der zu gewährenden Entschädigungsrente unter Berücksichtigung der örtlichen Ver-
(Nr. 9572.)