154 Fie Gesterreichisch-Angarische Monarchie. (Februar Mitte —15.)
unter Gewährung einer Landesbeihilfe in Höhe des dritten Teiles der
Anlagekosten.
Mitte Februar. Österreich-Ungarn, Rußland und Bulgarien.
Die österreichische Presse, voran das „Fremdenblatt“, stellt fest,
daß Oesterreich-Ungarn keinen Grund habe, angesichts der neuen Ereignisse
in Bulgarien seine Politik gegen Rußland und Bulgarien zu ändern, oder
dem Fürsten Ferdinand die Anerkennung zu versagen. Das angebliche
ahten. des russischen Einflusses in Bulgarien gefährde den Berliner Ver-
rag nicht.
13. Februar. (Niederösterreichischer Landtag.) Beschluß
über den Ausgleich.
Der Landtag beschließt nach stürmischer Debatte, die Regierung auf-
zufordern, das Zoll= und Handelsbündnis mit Ungarn rechtzeitig zu kün-
digen und nur dann zu erneuern, wenn die bisherigen Uebelstände bezüg-
lich der Konsumsteuern, des Mahlverkehrs und der Bahntarife beseitigt
werden und eine bedeutende Herabminderung der auf Oesterreich entfallen-
den Quote, so daß dieselbe dem gegenwärtigen Verhältnisse der beiden
Reichshälften entspreche, bewirkt wird. Bei der Abstimmung herrschte auf
der Gallerie große Unruhe, so daß der Landmarschall die Räumung der
Gallerie anordnete.
15. Februar. (Wien.) Abgeordnetenhaus. Ministerpräfs.
Graf Badeni legt die Wahlreformvorlage vor (dvgl. 1895
S. 206, 231).
Die Vorlage besteht aus zwei Gesetzentwürfen. Der erste betrifft
die Aenderung und Ergänzung des Staatsgrundgesetzes über die Reichsver-
tretung und die damit zusammenhängenden Gesetze, der zweite die der Reichs-
rats-Wahlordnung. Der erste Gesetzentwurf stellt fest, daß zu den bisher
353 Mitgliedern des Abgeordnetenhauses weitere 72 kommen, welche von
der neuen allgemeinen Wählerklasse gewählt werden. Hievon entfallen auf
Böhmen 18, Galizien 15, Nieder-Oesterreich 9, Mähren 7, Steiermark 4,
Ober-Oesterreich und Tirol je 3, Dalmatien, Bukowina und Schlesien je 2,
Salzburg, Kärnthen, Krain, Vorarlberg, Istrien, Görz, Gradisca und
Triest je 1 Abgeordneter. Wahlberechtigt in dieser neuen Wählerklasse ist
jeder eigenberechtigte Staatsbürger männlichen Geschlechts, welcher das
24. Lebensjahr vollendet hat, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen und vor
der Ausschreibung der Wahlen seit mindestens 6 Monaten im Wahlbezirk
wohnhaft ist. Ausgeschlossen sind Personen, welche im Dienstverhältnis
stehen und mit den Dienstherren in Hausgenossenschaft leben. Die neue
Kurie umfaßt auch jene Wahlberechtigten, welche bereits gegenwärtig in
einer der bestehenden Wählerklassen wahlberechtigt sein würden. In der
bisherigen Wählerklasse der Landgemeinde, deren Wahlbezirke ausschließlich
aus Gerichtsbezirken gebildet sind, bleibt die indirekte Wahl bestehen. In
den anderen bisherigen Wählerklassen, sowie in den übrigen Wahlbezirken
der neuen Wählerklasse gilt direkte Wahl. In den Ländern jedoch, in
welchen durch Landesgesetz für die Landtagswahl direkte Wahl in die Land-
gemeinde-Kurie eingeführt wird, gilt auch für die Wahl zum Reichsrat
aus der Kurie der Landgemeinden, sowie aus der neuen Wählerklasse die
direkte Wahl. *4
Ministerpräsident Graf Badeni weist auf die dringliche Natur der
Wahlreform hin. Seit zwei und einem halben Jahre beherrsche die Frage